RED WHITE & BLUE

Wegen der gepeinigt aussehenden geknebelten Frau auf dem Cover vermutet man im ersten Moment hinter Simon Rumleys Film RED WHITE & BLUE einen weiteren Vertreter des „Torture Porn“-Genres, was aber nicht der Fall ist.

Dafür findet Rumley, der bereits 2006 mit THE LIVING AND THE DEAD bewiesen hatte, dass er für verstörende Independentfilme gut ist, andere Wege, um sein Publikum nachhaltig auf die Probe zu stellen.

Denn ob man die in RED WHITE & BLUE thematisierte „White Trash“-Rachegeschichte nun glaubhaft findet oder nicht, kalt lassen wird niemanden diese deprimierende Bestandsaufnahme menschlichen Elends.

Ein Albtraum sondergleichen, den Rumley gerade in der ersten Stunde dermaßen geschickt und dicht konstruiert hat, dass man sich seinem absorbierenden Sog nur schwer entziehen kann. Katalysator für den fest im Alltag der Protagonisten verwurzelten Horror, der im Verlauf des Films immer erschreckendere Ausmaße annimmt, ist eine junge Frau namens Emily, die sich mit miesen Jobs über Wasser hält und emotionale Defizite aus ihrer Kindheit mit ständig wechselnden Sexualpartnern zu kompensieren versucht.

Emily ist innerlich ähnlich kaputt wie der psychopathische Irak-Kriegsveteran Nate (Noah Taylor), der für sie das erste Mal ein Mann zu sein scheint, mit dem sie eine echte Bindung eingehen kann, zumindest auf einer platonischen Ebene.

Aber das Glück dieser beiden verlorenen Seelen ist nicht von Dauer, denn Emily hatte durch ihren Lebenswandel andere Menschen mit ins Elend gezogen, eine Schuld, für die sie jetzt bitter bezahlen muss.

Auch wenn RED WHITE & BLUE gegen Ende, wenn alle Karten offen auf dem Tisch liegen, etwas an Reiz verliert, ist Rumley hier immer noch ein schonungsloser wie mitreißender Vertreter aktuellen Independentkinos gelungen, der auch in formaler Hinsicht völlig überzeugen kann.