REAL(S) kommen aus London und sind nicht nur eine Band, sondern bilden auch das Künstlerkollektiv D.S.L.B, was für „Deep Song Love Bomb“ steht. Die Beteiligten sind Dan Fatel (voc, gt), Louie Love (dr), Jimi Scandal (gt) und Gabi Garbutt (bs). Das Bandmotto lautet „astro frequencies, politically charged melodies, dynamite delivery“ ... das klingt interessant! Am Tag der US-Wahl erschienen auf dem Label Music As Insurgent Art („Musik als aufständische Kunst“), soll das Album den Soundtrack liefern zur aktuellen Apokalypse, zum Chaos der Kämpfe des frühen 21. Jahrhunderts. Inspiriert wurde man zur Bandgründung von Mark Fisher alias k-punk und dessen Buch „Capitalist Realism“. „This book is at the heart of the band’s identity“, heißt es dazu, und weiter: „Our age of climate change, global social economic political upheavals ring out in the frequencies that REAL(s) evoke.“ Und: „[REAL(S)] use all forms of art & creativity, combined with a collection of philosophies including Lorca’s Duende & DaDaist surrealism, seeking to highlight the inconsistencies and cracks in the facade of reality, conjuring a breaking in the chains of our past so we might step into a future that has long been unclaimed.“ Klingt in der Beschreibung wie ein verkopftes, unhörbares Projekt, doch in der Praxis ist das Album – Cover: roter Hintergrund, schwarze Schift – der „Space Punks“ erstaunlich melodiös und eingängig, erinnert mich an STEREOLAB meets SONIC YOUTH meets FUCKED UP, mit markanten Bläsersätzen. Auf dem beiliegenden Poster sehen die vier sehr sympathisch aus, und noch sympathischer macht sie das beiliegende Manifest in Form eines A5-Heftchens, teils handbeschriftet. Auf Seite 3 begrüßt man mich handschriftlich mit „Comrade Joachim“ und den Worten „Humanity’s Struggle to create a World based on Love, Empathy, Compassion begins in earnest! Stay strong, stay well in these strange days! Always Remember Never Forget: #Don’t be ruled“. Das Manifest selbst besteht aus Denkanstößen, Buchtipps, Zitaten von Guy Debord und Mark Fisher und leistet, was alle guten Platten tun: sie regen zum Nachdenken an. Und wäre ich Brite, würde ich den beiliegenden Sticker mit „#votingtorykills“ auf mein Au... Fahrrad kleben.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #154 Februar/März 2021 und Joachim Hiller