RATFACE ist eine wirkliche Überraschung. Nicht musikalisch, denn die Jungs aus Europas Norden bieten eine bereits tausendfach gehörte Mischung aus Dicke-Hose-Mosh und Metal-Sound. Was mich vielmehr vom Hocker reißt, ist die dreiste Penetranz, mit der das Quartett auf ihrer ersten EP zu Werke geht und womit sie unter Beweis stellt, dass US-geprägter Graffiti-HC "from da Hood", auch im verschneiten Lahti angekommen zu sein scheint.
Auch wenn das für den Außenstehenden so gar nicht zusammenpassen will, das Ding wird durchgezogen, ohne Rücksicht auf Verluste. Mit "stetig bemüht" hätte man diese Leistung in einem Arbeitszeugnis beurteilen müssen - wenn das Ganze nicht so viel Spaß machen würde! Denn die sieben Songs, allesamt vorgetragen in gebrochenem Unterstufenenglisch und mit vereinzelten Brocken Finnisch angereichert, bieten eine wahre Flut an poetischen Perlen, die auch nach reiflicher Überlegung jeglichen Sinn zu entbehren scheinen: "True 4 nothin' I'm strong / I'm a crazy muthafucka / Goodlockin'.
True 4 nothin' I'm strong / I'm a violent bit / The BB King". Das letzte Mal, dass ich mich über ein Album beziehungsweise in diesem Fall ja eine EP so gefreut habe, war 1986 als SEPULTURAs Meisterwerk "Morbid Visions" das Licht der Welt erblickte.
Und auch da fragten sich bekanntlich viele, ob das, was da vortragen wurde, wirklich ernst gemeint ist.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #73 August/September 2007 und Bodo Unbroken
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #90 Juni/Juli 2010 und Tobias Ernst