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PSYCHEDELIC FURS

Made Of Rain

Richard Butler gehört für mich zu den prägendsten Sängern der Post-Punk-Ära Ende der Siebziger Jahre, Anfang der Achtziger, und streng genommen könnte er auch aus einem Telefonbuch vorlesen und ich wurde ihm dennoch andächtig lauschen. Man könnte Butler vielleicht vorwerfen, dass er gesanglich etwas zu sehr mit Bowie kokettierte, für sein ähnlich androgynes Äußeres konnte er natürlich nichts, was ihm aber nicht die schlechtesten Grundvoraussetzungen lieferte, um als charismatischer Frontmann im schnelllebigen Musikbiz bestehen zu können. Dennoch hat man das Gefühl, dass THE PSYCHEDELIC FURS, die Richard Butler zusammen mit seinem Bruder Tim 1977 in London gründete, bei aller neu entflammten Begeisterung für Post-Punk oft übersehen werden. Das mag daran liegen, dass bereits ihr erstes selbstbetiteltes und beim Major Columbia veröffentlichtes Album von 1980 zwar eine punkige Klangästhetik aufwies, aber die Songs mehr Richtung Artrock, New Wave und nicht zuletzt Pop tendierten, ohne dabei aber eine aufdringliche Kommerzialität zu besitzen. Das galt dann auch für die beiden Folgealben „Talk Talk Talk“ von 1981 und „Forever Now“ von 1982, bei denen sich die Furs einen rauhen Sound bewahren konnten, gleichzeitig aber immer äußerst eingängige Songs schrieben. Was ihren Platten die spezielle Note gab, war der markante Saxophon-Einsatz. Während dieses Instrument bei den Songs vieler Furs-Zeitgenossen der Achtziger inzwischen eher für Brechreiz sorgt, klang das Saxophon bei Butler und Co. oft härter und kaputter als die Gitarren. Und wie viele andere Bands dieser Zeit hatten auch die Furs diesen einen unkaputtbaren Hit in Gestalt von „Pretty in pink“ vom Album „Talk Talk Talk“, der aber erst zum Hit wurde, als er 1986 für den Soundtrack der gleichnamigen Teenagerkomödie verwendet wurde. Der Bandbiograf Scott Schinder beschrieb sie mal als „fehlendes Glied zwischen Sex Pistols und Nirvana“. Wer solche Biografen hat, braucht keine Feinde mehr, denn rein musikalisch ist das komplett abwegig und scheint der Band nachträglich krampfhaft eine Wichtigkeit verleihen zu wollen, die sie überhaupt nicht nötig hat und vielleicht auch gar nicht besitzt. Angesichts des neuen, überraschend gelungenen „Reunion“-Albums „Made Of Rain“, das eher an die beiden letzten, um einen dichten shoegazigen Sound bemühten Furs-Alben „Book Of Days“ (1989) und „World Outside“ (1991) und die Veröffentlichungen der unterbewerteten Nachfolgeband LOVE SPIT LOVE anknüpft als an die rauhen Frühwerke, merke ich, wie sehr ich die Musik der Butler-Brüder (als einzig verbliebene Urmitglieder) generell immer noch schätze, selbst in ihren geschmacksverirrtesten Momenten im Jahr 1986, als man die Band im Lack & Leder-Outfit und albernen Frisuren zum peinlichen Pop-Act machen wollte.