POP GROUP

We Are Time

Momentan hat man das Gefühl, dass in jedem zweiten Info von Bands, die irgendwie mit Post-Punk liebäugeln, der Name THE POP GROUP als Referenz genannt wird. Deren Mitglieder traten einst im Zusammenhang mit Bands wie THE SLITS, PiL oder RIP RIG + PANIC in Erscheinung.

Inzwischen taten es die aus Bristol stammenden THE POP GROUP anderen Weggefährten aus Post-Punk-Zeiten Ende der Siebziger/Anfang der Achtziger gleich und standen in Originalbesetzung wieder zusammen auf der Bühne, zuletzt beim All Tomorrow’s Parties Festival 2013.

Eine 2010 von Sänger Mark Stewart angekündigte neue Platte ist allerdings immer noch nicht in Sicht. Eine kleine THE POP GROUP-Renaissance gab es allerdings schon Mitte der Neunziger, als auf Jake Rivieras Label Radar Records (das dieser 1978 gründete, nachdem er Stiff Records verlassen hatte) das Debütalbum „Y“ von 1979 neu aufgelegt wurde, 1998 gefolgt von der Compilation „We Are All Prostitutes“, bestehend aus frühen Singles und Live-Stücken.

Bei der aktuellen Wiederveröffentlichung von „We Are Time“ handelt es sich ebenfalls um eine Compilation, die noch zu Lebzeiten der Band 1980 veröffentlicht wurde, kurz nach dem zweiten Studioalbum „For How Much Longer Do We Tolerate Mass Murder?“, mit Demos und Live-Stücken.

Tatsächlich neu ist die Compilation „Cabinet Of Curiosities“, für welche die Band ihre Archive durchforstete und weitere Live-Aufnahmen und alternative Studiotracks ausbuddelte, darunter mit „Abstract heart“ und „Karen’s car“ auch zwei bisher unveröffentlichte Stücke.

Jüngere Musikkonsumenten werden THE POP GROUP vielleicht als schwer überbewertet empfinden, denn ihr bisweilen schmerzhaft chaotischer, ungeschliffener, experimenteller und nicht immer wirklich virtuos umgesetzter Mix aus Dub, Funk, Free Jazz und Punk verbunden mit bissigen politischen Botschaften stellt die perfekte Antithese zum Bandnamen war, auch wenn ein Stück wie „Colour blind“ selbst heute noch als Popsong durchgehen würde.

Insofern sind die Songs von THE POP GROUP mal besser und mal schlechter gealtert, aufgrund der unterschiedlichen Aufnahmequalität lässt sich das hier aber nur schwer beurteilen. Auf jeden Fall wird deutlich, wie sehr THE POP GROUP einen Mike Watt beeinflusst haben müssen, da sie teilweise geradezu prototypisch den Sound der MINUTEMEN vorwegnahmen.

Zum Einstieg bieten sich diese beide Compilations aber nur bedingt an, da macht es mehr Sinn, zum immer noch problemlos erhältlichen Debütalbum „Y“ zu greifen.