Es gab eine Zeit, da galt London als Mekka der Livemusik und des Punk. Musikbegeisterte Menschen reisten regelmäßig an die Themse, um Platten zu kaufen, sich neu einzukleiden und spannende neue Bands zu sehen, lange bevor diese es auf den Kontintent schafften. In den letzten 10, 20 Jahren ist die Attraktivität der Stadt freilich stark gesunken, die Gentrifizierung hat immer mehr vom Reiz des alten London zerstört, aber partiell ist sie dennoch geblieben. Wer also intensiver London-Besucher war oder ist, für den ist dieses Buch eine Zeitreise, und für den Rest ein spannender Blick ins Fotoalbum der Punk- und Popkultur-Geschichte. Paul Talling, der auch die Bücher „Derelict London“ und „London’s Lost Rivers“ veröffentlicht hat und den man als Guide für alternative Stadtführungen buchen kann, hat für dieses Buch die Standorte von Dutzenden aufgegebener, geschlossener Londoner Music-Venues aufgesucht und fotografiert. Punk galt dabei nicht sein alleiniges Augenmerk, aber steht im Vordergrund – und war eben immer popkulturell sehr präsent in der britischen Hauptstadt. Zu jedem Club gibt es ein aktuelles Foto, teils auch ein altes, teils Flyer und Fotos von Konzerten, in Hochglanz und Farbe, ergänzt um einen kundigen, detailreichen Text. Geordnet nach Stadtteilen und mit Angabe der Adresse, lädt es dazu ein, bei der nächsten London-Reise selbst vor dem ehemalige Roxy zu stehen und eine Träne zu vergießen, denn auch wenn der Autor betont, dieses Buch seine keine soziale Analyse, so ist es doch eine kulturhistorische Betrachtung geworden – und letzten Endes steht die Frage im Raum: Wem gehört die Stadt? Teil 2 ist in Arbeit.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #151 August/September 2020 und Joachim Hiller