Ich bin bisweilen unsicher, wie gut Zitate von Zitaten im Laufe der Jahrzehnte noch erkennbar sind. Als 1984 dieses Album auf Voxx Records erschien, dem 1979 von Greg Shaw als Ableger von BOMP Records gegründeten Label, war jene musikalische Ära, auf die sich die PANDORAS aus Los Angeles beriefen, auch schon 15 bis 20 Jahre her: die Psychedelic-Garage-Rock’n’Roll-Welle der 1960er Jahre, die wiederum einige Girl-Groups hervorgebracht hatte. Ende 1982 gegründet, wurden die PANDORAS mit der losen Paisley Underground-Bewegung von Los Angeles in Verbindung gebracht, einem generellen Revival der 1960er, das damals lief. Und was auch lief, war ein endloser Wirrwarr von verschiedenen Besetzungen, ja es gab zwischenzeitlich sogar parallel zwei Bands unter diesem Namen. Auf dem Debütalbum „It’s About Time“, einem anerkannten Klassiker des Genres, das nun mit einer Neuauflage via Munster Records geehrt wird, waren die PANDORAS Paula Pierce (voc, gt; sie war bis zu ihrem Tod und dem Ende der Band 1991 das einzige durchgehende Bandmitglied), Gwynne Kelly/Kahn (org), Casey Gomez (dr) und Bambi Conway (bs). Später war auch Kim Shattuck (1963-2019) bei der Band, sie gründete nach deren Ende die MUFFS und war dann 2015 Teil der Reunion-PANDORAS, die damals in Deutschland tourten. In gewisser Weise wird heute das Erbe der PANDORAS von THE DARTS weitergetragen, mit einem verschärften, zeitgemäßen Update von deren Orgel-dominiertem Fuzz-Gitarren-Garage-Punk. In der Aufmachung versuchte Labelboss Shaw damals, die Platten aus den 1960ern nachzuahmen, musikalisch waren die PANDORAS selbstbewusster, aggressiver und rotziger als ihre Vorgängerinnen – das alte Spiel mit Zitaten beherrschten sie bravourös. Die alten Garage-Punk-Herrschaften haben längst das Original im Schrank stehen, Spätgeborenen sei die Wiederauflage (mit drei Bonustracks) ans Herz gelegt, wo die PANDORAS im Inlay von John Hanrattie von GRAVEDIGGER V mit Linernotes gewürdigt werden.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #123 Dezember 2015/Januar 2016 und Dieter Ehneß
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