Eine interessante junge Band aus Kiel, deren Debütalbum in einer vergangenen Ära steckt. Wo genau, lässt sich eingrenzen, sogar geografisch. Zur Beschreibung von NOWAR muss man New York City nicht verlassen. In den Neunzigern verkomplizierte und erweiterte sich Hardcore drastisch, nicht nur dort. Dort aber besonders exemplarisch: aus BURN wurden ORANGE 9 MM, aus YOUTH OF TODAY entstanden SHELTER, auf GORILLA BISCUITS folgten erst MOONDOG, dann QUICKSAND. NOWAR klinken sich ein, wo Oldschool zu Newschool wurde, mit Groove und Melodien, und treffen diesen speziellen Ton eingängiger Sperrigkeit. Der klassische Youthcrew-Sound bleibt dicht unter der Oberfläche präsent. Nach den ersten Demo-Songs (2018) direkt ein Album vorzulegen, ist ehrgeizig, und man hört „Don’t Lie“ gelegentlich an, dass die Demo-Tage nicht weit zurückliegen. Ein erfahrener Produzent (idealerweise Don Fury, klar) hätte „Don’t Lie“ an vielen Stellen abrunden können. Er hätte den Sänger neu einsingen lassen, wo der deutsche Akzent zu hart durchkommt, er hätte dieses oder jenes Arrangement optimiert, und nicht zuletzt zu Selbstbewusstsein geraten, wo NOWAR noch mit angezogener Handbremse zu agieren scheinen. Aber „Don’t Lie“ ist nun mal ein Debütalbum, und kein schlechtes.
© by Fuze - Ausgabe #86 Februar/März 2021 und Ingo Rieser
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #154 Februar/März 2021 und Tim Masson
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #143 April/Mai 2019 und Simon Brunner