New Wave, das ist in der allgemeinen Überlieferung der Begriff, mit dem Anfang der Achtziger in den USA die bösen großen Plattenfirmen den rundgelutschten Punkdrops dem amerikanischen Publikum vor die Füße spuckten.
Da mag was dran sein, aber auch dieses Narrativ hat seine Gegenerzählung – und das ist eine, die ich bislang nicht kannte. Ab 1982 und bis 1987 war der kleine UKW-Sender WLIR auf Long Island – der langen Insel östlich von Brooklyn und ein Synonym für Suburbia – ein Geheimtipp für Menschen, die die Schnauze voll hatten vom Einheits-Radiosound.
Ein kleines Team von engagierten Radiomachern spielte Platten, oft persönlich und pressfrisch aus Großbritannien importiert, die von den US-Labels ignoriert und/oder nicht verstanden wurden.
Punk war die Musik im Einzelfall, Post-Punk bisweilen, und New Wave schien ganz gut zu treffen, was da in Form von U2, THE CURE, YAZOO, A FLOCK OF SEAGULLS, DEPECHE MODE, ULTRAVOX, SIMPLE MINDS oder KILLING JOKE aus UK herüberschwappte und was von den US-Labels keines so recht zu vermarkten wusste.
Aber auch US-Bands und -Musiker wurden gespielt, THE B-52’S, BLONDIE, Joan Jett, Lou Reed, DEVO und so weiter, und es entwickelte sich fast schon ein Hype um den engagierten Sender, dem freilich 1987 die US-Aufsichtsbehörde FCC aus kleinlichen Gründen die Lizenz entzog.
Ein spannender Randaspekt der Musikgeschichte wird hier dokumentiert und nebenbei die von New Wave in den USA. Erfreulicherweise ist viel Originalmusik zu hören, und die Geschichte von WLIR wird erzählt von Zeitzeugen wie Billy Idol, Joan Jett, Midge Ure, Tim Kerr, Seymour Stein, Debbie Harry, Vince Clarke und Howard Jones.
Trotz eines sehr US-spezifischen Themas ein höchst interessanter Film – nicht nur für alte Säcke.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #142 Februar/März 2019 und Joachim Hiller