Neville Staple war der Leadsänger der herausragenden Vertreter der 2-Tone-Ära: Die SPECIALS, deren Ruhm hauptsächlich auf dem ersten selbst betitelten Album basiert. Neville hat nach den SPECIALS weitere Erfolge mit FUN BOY 3 feiern können und hat in all den Jahren immer wieder Soloprojekte gemacht, die mir jedoch verborgen blieben.
Mittlerweile bin ich sehr skeptisch, wenn was "Neues" von alten (jamaikanischen) Stars kommt, die sich oftmals nur durch die Hits verblichener Tage über Wasser halten können. Traurige Beispiele gibt es wie Sand am Meer.
Manchmal gleicht die Ska-Szene einem Schlagerstar-Fiedhof, sehen wir uns mittlerweile Künstler wie BAD MANNERS, HOTKNIVES oder SELECTER an, mal nur in dieser Zeitepoche bleibend. Während die Bonus-DVD anlässlich des 40.
Geburtstags der Marke Ben Sherman ausschließlich von hervorragenden SPECIALS-Songs lebt, ist das neue Audiomaterial auf "The Rude Boy Returns" um einiges abwechslungsreicher und zeitgemäßer.
Nach wie vor versteht es Staple, schöne Melodien zu zaubern, mal etwas in Richtung Pop, Dancefloor oder alter Discobeat, mal mehr in Richtung treibender Offbeat, wie man dies von den SPECIALS gewohnt ist.
Die Drums sind meistens sehr trocken gehalten, lediglich die Bassdrum kommt manchmal etwas zu dancefloor-orientiert. Mit die Finger im Spiel hat auch CLASH-Ikone Mick Jones, unterstützt von DAMNED-Drummer Rat Scabbies, die einen mitnehmen, zurück zu "Black Market Clash"- oder "Sandinista"-Dub und etwas an BIG AUDIO DYNAMITE erinnern.
Neville läuft manchmal etwas Gefahr, sich zu sehr aus dem Fenster zu lehnen. Ein Song wie "Cow Cow Yicky" ist ganz nah an der Schmerzgrenze zum guten Geschmack, ohne versehentlich in die Ballermann-Techno-Stumpf-Abteilung abzudriften.
Der musikalische Drahtseilakt gelingt ihm dennoch ganz gut, ohne das Gleichgewicht zu verlieren, denn gefolgt von diesen elektronischen Ausflügen gibt es punky Reggae oder Songs mit deutlichem African-Einflüssen, ohne aber den Ohrwurmcharakter zu verlieren.
Insgesamt bleibt Staple dennoch dem guten alten Offbeat treu, verstreut jedoch immer wieder mal interessante neue Elemente mit traditionellem Charme, so dass dieses Album sowohl was für den Hardcore-SPECIALS-Fan als auch für neue Freunde zeitgemäßer Skamusik ist.
Mr. Staple ist weit weg davon, einer dieser abgewrackten Stars von gestern zu werden. Natürlich geht es im Wesentlichen um neues Songmaterial eines einigartigen Künstlers, der den Leuten in Form von Bonus-Material alte Nummern schenkt.
Neville Staple hat allerdings ein ganz besonderes Anliegen, das Mkombozi Centre For Street Children. Sowohl im Booklet als auch in der Bonus-DVD weist der Pate Neville Staple mit Ausdruck auf diese soziale und gemeinnützige Einrichtung hin, die sich um die Straßenkinder Afrikas kümmert.
Auch oder vor allem, weil sich "The Rude Boy Returns" von den üblichen Ska- oder 2-Tone-Alben unterscheidet, werden sicherlich THE CLASH- und THE SPECIALS-Fans ihr Freude an dieser Platte haben, vorausgesetzt sie fanden Gefallen an "More Specials", "Combat Rock" oder "Cut The Crap".
Ich bin mit diesen Alben groß geworden und da diese einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben, gefällt mir "The Rude Boy Returns" bei jedem neuen Durchlauf der CD mehr. (64:22) (09/10)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #131 April/Mai 2017 und Simon Brunner
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© by Ox-Fanzine - Ausgabe #57 November 2004/Januar/Februar 2005 und Simon Brunner