Es gibt Bands bei denen "Führungsstil" eine ganz klar definierte Sache ist. Da gibt es einen Gitarristen, der schreibt alle Songs, der Bassist spielt dieselben Griffe, und irgendwie hechelt der Rest dem virtuos begabten Sechssaiter ständig hinterher.
Dann gibt es Bands, bei denen nur der Schlagzeuger übt, und der Rest der Truppe kann kaum mithalten, während der Kerl hinter dem Drumset noch nicht einmal schwitzt. Bassisten haben das schwere Los, dass sie nur selten das Tempo oder den Stil bestimmen, dafür aber live auf der Bühne glänzen und alle Frauen abbekommen.
Ein spärlicher Rest an Bands lebt von einem extrovertierten Sänger, der seine Kindheitstraumata auf der Bühne exorziert, wobei die restliche Band zur Nebensache wird. Richtig interessant wird es aber, wenn mehrere oder gar alle dieser "Führungsstile" aufeinander treffen.
Für gewöhnlich sind es die Platten, die du nicht bei Ebay verhökern würdest, weil sie "anders" sind als der Rest. Du kannst folgen? Auf "Never Follow ..." wird kreativ um die Pole-Position gefightet, und so folgt man einmal der einen Gitarre, dem Schlagzeug, der anderen Gitarre und dann dem abgestochenen Schwein am Mikro (dem Bassisten bleiben die Frauen).
So, jetzt lassen wir das Wortspiel setzen, stecken einen Euro in die Wortspielkasse, holen tief Luft, und weiter geht's. Liest sich uneinig, ist aber so kompakt und genial zusammengebaut, dass am Ende großartige Songs entstanden sind, die wuchtig, aggressiv und sogar (Achtung!) melodisch sind, ohne ihre Power zu verlieren.
So sollten kreative Bands eigentlich funktionieren, tun sie aber nur zu selten. Es gibt nicht viel, das als Referenz dienen könnte, aber Poison Idea ist ein Name, der hier ganz gut passt.
Hammerhead (erste LP) mit besserem Sound, ausgewogeneren Persönlichkeiten, mehr textlichem Tiefgang und mehr Spielwitz passen ebenfalls. Besser noch: So würden sich viele Hammerhead gewünscht haben.
Kinderkackefreier Hardcore, wie er heute nur noch selten gebaut wird, weil viele schon vergessen haben, dass Punk die Wurzel ist. Das hier ist Hardcore ohne Metalgitarren, angepisst und versiert (heißt: "Die können spielen und tun's, ohne damit anzugeben"), der alles hat, was eine exzellente Platte ausmacht.
Meine Fresse, da werden ein paar verdammt coole Riffs völlig gelassen mal eben so aus dem Handgelenk geschüttelt! "Erwachsen" wäre das Wort, das hier noch fallen muss, denn während mich die meisten neueren Bands einfach nur kalt lassen, zündet es hier.
Wer aufgepasst hat, der weiß, was noch fehlt. Na? Zu einem Gesamtwerk gehört ein passendes Cover und ein ebensolches Artwork. Auch an das wurde gedacht, das Textheft sieht edel aus, das Cover passt, und das Vinyl ist so dick, wie es sich gehört.
Die Debüt-LP nach nur sieben Jahren, andere lösen sich da längst viermal auf. Perfekt! LP von Sabotage und Prügelprinz-Records, die CD kommt von Per Koro.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #109 August/September 2013 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #54 März/April/Mai 2004 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #59 April/Mai 2005 und Simon Brunner