Als bekannt wurde, dass Neil Young die Weiterführung seiner Archives-Reihe auf 2008 verschoben hatte und erst mal ein neues Album eingespielt hat, war das Gemecker unter den Fans vorprogrammiert. Aber ehrlich gesagt wäre mir die Aufarbeitung von Youngs Vergangenheit zur Abwechslung auch mal lieber gewesen, denn die letzten Platten des Meisters waren doch recht durchwachsen.
Der Titel der Platte sorgt für zusätzliche Verwirrung, denn "Chrome Dreams 1" gab es nie offiziell, höchstens als Bootleg, eine Sammlung von Outtakes aus Neil Youngs "American Stars And Bars"-Sessions, von denen die meisten dann auf späteren seiner Platten auftauchten, teilweise in veränderten Versionen.
Darauf spielt der Titel "Chrome Dreams 2" an, denn es handelt sich hier um keine durchweg neue Platte, da Young diverse bisher unveröffentlichte Songs neu aufgenommen hat und mit tatsächlich neuen Stücken zu einem Album kombiniert hat, eingespielt von exzellenten Musikern wie Ben Keith, Rick Rosas und Ralph Molina.
Unter dem Strich kommt dabei natürlich ein echtes Young-Album heraus, aber keines, das wie aus einem Guss klingt, mittelmäßiges steht hier direkt neben überragendem Material. Das Herzstück dürfte sowieso das 18-minütige "Ordinary people" mit seinen dominierenden Bläsern sein, das im Kontext der Aufnahmen mit den BLUENOTES Ende der 80er entstand und eifrigen Sammlern von Young-Live-Bootlegs schon länger bekannt ist.
Aber auch die drei neuen Songs "Spirit road", "Dirty old man" (das stark an "Welfare mothers" erinnert) oder das 14-minütige "No hidden path" sind echte Leckerbissen, wo Young endlich mal wieder zu einem richtig harten, an seine besten Zeiten mit CRAZY HORSE erinnernden Gitarrensound findet, was ihm zuletzt auf "Living With War" nicht so recht geglückt war.
Dazwischen finden sich eher ruhige Country-Schleicher wie "Beautiful bluebird", das für "Old Ways" vorgesehen war, "Shining light", oder das ganz nette, mit Banjo eingespielte "Boxcar". Zum Schluss gibt es noch das beschauliche, fast weihnachtliche "The Way", das aufgrund des Kinderchors aber sehr gelungen ist.
Eine richtig große Platte ist Young in diesem Jahrtausend auch mit "Chrome Dreams 2" nicht gelungen, "Freedom" ist das nicht, aber zumindest überwiegen hier die wirklich großartigen Momente, und "Ordinary people" allein macht das Album schon zu einem Pflichtkauf.
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