WAS KOSTET DIE WELT

Nagel

Das zweite Buch von MUFF POTTER-Nagel, der sich nach dem Ende seiner Band aufs Schreiben verlegt hat. War das 2007 erschienene „Wo die wilden Maden graben“ noch eine Mischung aus autobiographischem Text und Fiktion, darf man hier nicht erwarten zu erfahren, wie es dem Sänger einer Punkband nach deren Auflösung ergeht.

Mag ja sein, dass unser Held, der hier Meise heißt, auch in Berlin lebt, wie der Autor, dass eine gewisse subkulturelle Slacker-Lebensweise dem Autor aus persönlichem Erleben oder eigener Beobachtung des  sozialen Umfelds in Kreuzkölln bekannt ist, aber was Meise, ein gebürtiger Ossi, hier erleben darf, ist ausgedacht.

Meise hat geerbt, ein paar tausend Euro, von seinem Vater, mit dem ihm nicht mehr viel verband, und um dieses Geld in einer Weise auszugeben, die  dem Willen des Vererbers möglichst weit entgegensteht, beschließt er, der nie viel gereist ist, das Erbe reisend zu verprassen.

Nach einer ausgiebigen USA-Reise mit Quasi-Freundin ist nicht mehr viel da, aber die letzten paar hundert Euro müssen des Seelenfriedens auch noch weg, sollen nicht für Sinnvolles wie die Miete draufgehen.

Und so fährt Meise an die Mosel, zu einem Bekannten, den er in New York kennengelernt hat. Der ist dort Winzer, lebt das Beziehungs- und Familienidyll-Ideal, das Meise nicht mag, nicht kennt, nicht will –oder doch? Meise kommt mit all der heilen Welt in dem pittoresken Weinbau-Örtchen nicht klar, mit dem vielen Wein auch nicht, und wenn er schon mit seinem Leben nicht klarkommt, dann soll das auch kein anderer, weshalb er sich kräftig ins Leben seines Bekannten einmischt – und nach ein paar Tagen wieder abzieht.

Ohne sein Geld, denn zumindest dieses Ziel hat er erreicht, aber auch nicht glücklicher, oder doch? Ein unterhaltsames Buch hat Nagel da geschrieben, über die Ziellosigkeit, mit der das Leben so dahinzieht, wenn man nicht weiß, was man will, oder wenn man es weiß, aber das nicht umgesetzt bekommt, oder wenn einem das egal ist, und doch auch nicht.

Ein Buch übers Zweifeln, lakonisch geschrieben, wobei Meise auch weiß, was er tut, aber was ändern, sich ändern, das will oder kann er nicht. Nagel ist ein guter Beobachter, einer, der sehr real schreibt, nicht verkopft, aber auch nicht so „gossig“ wie Jan Off, was der Geschichte gut tut.

„Was kostet die Welt“ ist kein großer Roman, keine Weltliteratur, aber sehr angenehme Unterhaltung, eine authentische Story, und wenn man das Gefühl hat, diesen Meise irgendwie zu kennen, oder jemand, der so ähnlich drauf ist, dann ist das ein Zeichen dafür, dass Nagel wohl irgendwas richtig gemacht hat.