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MUTTERTAG

Sucht man nach einem perfekten Beispiel für die von Jugendschützern befürchtete Verrohung von Jugendlichen durch den vom damaligen Video-Boom beförderten übermäßigen Konsum von Horrorfilmen im heimischen Kinderzimmer, wird gerne auf „Muttertag“ verwiesen. Gedreht hatte „Muttertag“ Charles Kaufman, Bruder von Troma-Gründer Lloyd Kaufman, der den Film auch produziert hatte. Eine Hauptrolle spielte „Muttertag“ auch in der herrlich reißerischen Fernseh-Dokumentation „Mama, Papa, Zombie – Horror für den Hausgebrauch“, die 1984 eine ganze Elterngeneration mit sorgsam ausgewählten Ausschnitten aus indizierten und beschlagnahmten Horrorfilmen schockte. Davon bekommt man im Bonusmaterial der aktuellen DVD- und Blu-ray-Veröffentlichung von „Muttertag“ leider nur einen kleinen Ausschnitt zu sehen (Abhilfe schafft da YouTube), neben anderen Featurettes, in denen auch Charles Kaufman zu Wort kommt. Seit Anfang 2021 ist der Film nicht mehr indiziert und kann jetzt ungeschnitten mit FSK-Freigabe „ab 18“ ohne Auflagen vertrieben werden. Dieser „Alptraum aus Blut und Gewalt“, wie er damals auf Video angepriesen wurde, hat sich trotz seiner kruden Machart erstaunlich gut gehalten, wahrscheinlich auch, weil dieser „Rape & revenge“-Splatter-Slasher deutliche satirische Elemente besitzt und aufgrund seiner Over-the-top-Attitüde eher wie ein geschmacklich grenzwertiger Comic wirkt. Jugendschützern reichte wohl schon der Titel, der diesen besonders von Blumengeschäftinhaber:innen und Nazis geschätzten „Ehret die Mutter“-Tag durch den Dreck zog. Bei näherer Betrachtung besitzt „Muttertag“ aber ähnlich wie „Ich spuck auf dein Grab“ von 1978 regelrecht feministische Tendenzen, in dem sexueller Missbrauch und Gewalt an Frauen für die Täter, eine durchgeknallte Hinterwäldler-Familie, dramatische Folgen hat.