MUTTER

Mein kleiner Krieg

Erst im letzten Jahr erschien mit „Trinken, Singen, Schießen“ nach langer Pause ein neues, exzellentes Album der Berliner MUTTER, möglicherweise eine der besten, wenn auch unterbewertetsten deutschen Bands der letzten 25 Jahre.

Leider waren MUTTER auf der anschließenden Tour eine extreme Enttäuschung, man kam sich eher wie bei Jochen Distelmeyer vor. Denn MUTTER scheint inzwischen hauptsächlich eine Erweiterung von Sänger Max Müllers Soloaktivitäten zu sein, seit dem Ausstieg von Gitarrist Frank Behnke vor einigen Jahren.

Aber das muss ja nichts unbedingt Schlechtes sein, zumindest was die Studioplatten angeht, denn „Mein kleiner Krieg“ erzeugt schnell wieder die Magie, die auch von den bisherigen Platten von Müller und MUTTER immer ausging.

Wirklich radikal sind MUTTER hier nur noch bedingt, konnten ihrem rumpeligen Noiserock diesmal dafür eine sehr verspielte Instrumentierung hinzufügen, die Müllers eigenwilligen Texten und seinem markanten, gequält-quengeligen Sprechgesang oft besser entgegenkommt, als der „Punkrock“ eines Songs wie „Kanndies“.

1994 mit dem Album „Hauptsache Musik“ wurden MUTTER als „unberechenbarste aller deutschen Diskurspop-Bands“ bezeichnet, und das scheint auch noch bei „Mein kleiner Krieg“ Bestand zu haben, denn die Berliner nerven weder durch aufgesetztes intellektuelles Getue noch durch moderne musikalische Mätzchen.

MUTTER sind einmal mehr einfach nur MUTTER, weder zeitlich noch stilistisch irgendwas oder irgendwem genau zuzuordnen, nicht zuletzt wegen ihrer Aggression und Zornigkeit im Kontrast zu den gleichermaßen vorhandenen sanft poetischen Momenten.

Artrock in vollendeter Unperfektheit, der einen Scheiß auf konventionelle Kunstbegriffe gibt.