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MURDER CAPITAL

Green & Blue / When I Have Fears

Die Briten sind immer noch sehr gut darin, mit ihrer Rest-Musikpresse gefühlt aus dem Nichts kommende junge Bands zu hypen und mit nichts als ein paar Songs und einigen Konzerten in der Hinterhand einen Buzz zu schaffen, der weltweit wahrgenommen wird.

Respekt dafür. Nun waren da über die Jahre auch einige Eintagsfliegen dabei, aber wenn man mal an IDLES, FONTAINES DC oder SHAME denkt aus der jüngeren Vergangenheit, jedoch auch so einige Bands, die einen nachhaltig beeindruckt haben.

So ein Fall sind auch THE MURDER CAPITAL, ein junger Fünfer aus Dublin, der auf manchen Fotos, man stelle sie sich in Schwarzweiß vor, auch als JOY DIVISION-Contemporaries aus dem Manchester der späten Siebziger durchgehen kann.

Erst zwei Releases kann die Band vorweisen, die Anfang des Jahres erschienene einseitig bespielte „Feeling Fades“-7“ und der Album-Vorbote „Green & Blue“, eine ebenfalls onesided 12“ – beide erschienen auf dem (bandeigenen?) Human Season-Label.

Dort kommt Mitte August auch das mit Produzentenlegende Flood eingespielte Debütalbum „When I Have Fears“ mit zehn Songs, von denen allein fünf an der Fünf-Minuten-Grenze kratzen beziehungsweise diese knacken.

Im Vergleich mit den oben Genannten sind THE MURDER CAPITAL die nachdenklichste, dunkelste Band, die am wenigsten, etwa im Vergleich zu SHAME, nach Rock’n’Roll klingende, aber eine Verbindung besteht zwischen all diesen jungen Bands: Sie bedienen sich an einer alten britischen Musiktradition, bei Bands und Alben aus einer Zeit, zu der noch nicht mal ihre Eltern alt genug waren, um sie als Teenager mitzuerleben.

Ein seltsames, aber auch ermutigendes Phänomen – manchmal denkt man ja, in UK sei Grime die einzig verbliebene relevante Musikrichtung. THE MURDER CAPITAL schaffen es, einerseits an die Überhelden des Post-Punk anzuknüpfen, andererseits aber im Gegensatz zu der ganzen Szene der Quasi-Coverbands jenes Sounds und getrieben von enormer Kreativität ihren eigenen Sound zu schaffen, wobei Flood sicher seinen Teil beigetragen hat – nicht jede junge Band bekommt die Chance, auf diesem Level ihr Debüt aufzunehmen, und bezahlen muss das ja auch jemand ...

Dass sie nicht nur den einen Sound beherrschen, beweisen die Iren etwa mit dem ruhigen, leisen „On twisted ground“ oder auch „How the streets adore me now“, um dann mit dem derben, peitschenden „Feeling fades“ mitzureißen.

Ich schätze, von denen hört man noch in den nächsten Jahren – und hoffentlich gehen sie nicht den Weg der EDITORS, die längst banalsten Pop machen, aber so brillant gestartet waren.