Hans-Joachim Roedelius hat sich seit Ende der Sechziger durch seine Beteiligung an Bands wie KLUSTER, CLUSTER und HARMONIA (zusammen mit dem kürzlich verstorbenen Dieter Moebius) als einer der wichtigsten Pioniere deutscher elektronischer Musik verdient gemacht.
Daneben entstanden zahlreiche Soloplatten und Kollaborationen mit anderen Musikern, und bis heute hat der inzwischen achtzigjährige Roedelius offenbar nicht die Lust am Musikmachen verloren.
Für eines seiner aktuellen Projekte tat er sich mit dem Schweizer Christoph H. Müller zusammen. Müller war Ende der Achtziger bei der skurrilen Weltmusik-Elektropop-Formation TOUCH EL ARAB („Sag mir wo die Nazis sind“) aktiv und hatte danach mit dem Electrotango von GOTAN PROJECT in Italien und Frankreich großen Erfolg.
Das Interesse von Müller für exotischere Rhythmik zeigt sich zwar auch auf „Imagori“, fügt sich aber homogen in das sehr entspannte Klangbild der Platte ein. Ähnlich wie bei anderen Projekten von Roedelius entsteht dabei ein vielschichtiger Crossover aus moderner Electronica, Ambient und seinem mehr an Klassik-Platten erinnernden Klavierspiel.
Diese vermeintliche Gegensätzlichkeit zwischen synthetischen Sounds und wärmeren beziehungsweise emotionaleren analogen Klängen führt letztendlich aber zu einer kompositorischen Geschlossenheit, die „Imagori“ zu einem extrem spannenden wie originellen Album macht, das Roedelius erneut als ungemein visionären Künstler bestätigt.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #122 Oktober/November 2015 und Thomas Kerpen