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MOONAGE DAYDREAM

Die Bedeutung von David Bowie für die Pop- und Rockmusik kann nicht unterschätzt werden. Klar, in den USA wurde in den Fünfzigern Pionierarbeit geleistet, BEATLES und ROLLING STONES bauten darauf auf, STOOGES, Hendrix, MC5 verschärften Sound und Aussagen, aber Bowie baute ab den späten Sechzigern darauf auf, war Mitermöglicher von Glam und damit ein Wegbereiter für Punk. Vor allem aber, und diese Radikalität erschließt sich erst rückblickend, etwa mittels dieses Filmes, war er mit seinem Alter Ego Ziggy Stardust ein Pionier in Sachen Identitätsfindung, nahm er in seiner genderfluiden Art vieles vorweg, was selbst heute, 50 Jahre später, noch bei Konservativen für Verstörung sorgt. Brett Morgen, der auch schon als Regisseur „Cobain: Montage of Heck“ verantwortete, schuf aus Archivmaterial – vorwiegend Liveauftritte und Interviewausschnitte – einen kaleidoskopartigen, mäandrierenden Film über den 2016 mit 69 Jahren verstorbenen Bowie, der etwas von einem Trip hat. Mit über zwei Stunden ist der Film zwar etwas lang geraten und hat seine Längen, aber ohne eine Erzählstimme aus dem Off, nur aus dem Zusammenschnitt von Material aus über 45 Jahren entstand ein interessant fokussiertes Portrait. Bowies Stimme, seine Musik, seine Bilder wabern umher, teilweise unterbrochen durch harsche Soundeffekte, so dass die Doku selbst eher was von einem endlos langen Musikvideo hat in ihrer Collagenhaftigkeit. Wer eine Doku in Form des verfilmten Wikipedia-Eintrags braucht, ist hier falsch, Morgen reißt vieles nur an, setzt auf die Aussagekraft einzelner Sätze von Bowie, sorgsam ausgewählte Szenen aus Konzerten, Filmen, Interviews. Das saugt einen ein, reißt mit, emotionalisiert – und erschöpft auf Dauer auch etwas.