LUST & GLAUBE

Moebius, Jodorowsky

Die bekannteste Zusammenarbeit zwischen Jean Giraud aka Moebius (R.I.P.) und Alejandro Jodorowsky ist nach wie vor die in den Jahren 1981 bis 1995 entstandene „John Difool“-Reihe. In diesem Zeitraum entstand auch der dreibändige Comic „Le Cœur couronné“, dessen ersten beiden Teile 1993 beziehungsweise 1994 bei Feest auf deutsch erschienen, während der dritte Band (im Original 1998) seltsamerweise erst wesentlich später bei Schreiber & Leser aufgelegt wurde, die jetzt auch diese schöne Gesamtausgabe veröffentlicht haben.

Wer an die surrealen Science Fiction-Szenarien von „John Difool“ gewöhnt ist, den wird die deutlich geerdetere Thematik von „Lust und Glaube“ im ersten Moment sicher irritieren, auch wenn Moebius und Jodorowsky auch hier nicht ohne ihre spezielle spirituelle Note auskommen.

Doch gerade zu Beginn ist „Lust und Glaube“ eine sehr realistisch gehaltene Angelegenheit, in der ein hedonistischer Pariser Philosophie-Professor an seinem 60. Geburtstag unerwartet die Scheidungspapiere von seiner Frau überreicht bekommt und sein Leben in Folge völlig auf den Kopf gestellt wird, als eine seiner Studentinnen auf die fixe Idee kommt, mit ihm den Messias zeugen zu wollen.

Vorher muss man aber noch die Tochter eines Drogenbarons aus der Irrenanstalt befreien, was die bizarre Truppe schließlich in den kolumbianischen Regenwald zu den dortigen Rebellen führt.

In „Lust und Glaube“ machen sich Moebius und Jodorowsky auf erstaunlich direkte satirische Weise über biblischen Wunderglauben lustig, ebenso wie über die vermeintliche Vernunft der Philosophie, die letztendlich gegenüber der Irrationalität von Mystik den Kürzeren zieht.

Definitiv mein Favorit im Schaffen dieser beiden großartigen Künstler.