Endlich mal ein Hauptstadt-Buch, von dem man keinen Ausschlag bekommt. Zu verdanken haben wir dies Klaus Bittermann, der hier in der Doppelrolle als Autor und Verleger brilliert. Schon von früheren Werken ist er als begnadeter Beobachter bekannt.
In kleinen Episoden beschreibt er die Abgründe des täglichen Wahnsinns im Kreuzberger Kiez. Selbst die Gentrifizierung, die Berlinale und Uwe Ochsenknecht haben es nicht geschafft, all die liebenswerten Kreuzberger Randfiguren wie Alt-68er, Zopfträger, talentfreie Straßenmusiker und Punks mit Mutti-Frisuren aus ihrer Heimat zu vertreiben.
Sogar die RAF ist noch da, allerdings nur noch als Rest-Alkohol-Fraktion, die Sprudel-Trinker mit der Bezeichnung „Aquaholiker“ belegt. Klaus Bittermann entfaltet bei seinen Schilderungen von skurrilen Typen und Situationen eine seltene Gabe: Er prangert an, ohne in den Dreck zu ziehen.
Er macht sich lustig, ohne zu verletzen oder überheblich zu wirken. Und er ist komisch, ohne platt zu sein. Nach dem Genuss des kurzweiligen und extrem empfehlenswerten Buches bleibt nur eine Frage offen: Soll man zukünftig Berlin großräumig umfahren oder sich doch einen persönlichen Eindruck vom Kreuzberger Kiez verschaffen? Auf alle Fälle sollte allen zukünftigen Berlin-Touristen beziehungsweise Berlin-Terroristen dieses Buch als Pflichtlektüre verordnet werden.
Also: Schmeißt eure verdammten Berlin-Reiseführer von Baedeker und Merian in den Müll und arbeitet dieses kulturelle Kleinod gewissenhaft durch. Grandiose Unterhaltung und eine perfekte Vorbereitung auf den nächsten Berlin-Urlaub sind garantiert.