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MIT SCHIRM, CHARME UND MELONE EDITION 2

Als Deutschland noch mediales Entwicklungsland war, entstanden in England bereits TV-Serien, die bis heute aufgrund ihrer unerreichten Originalität Kultstatus besitzen und fester Teil der Popkultur geworden sind, man denke nur an THE PRISONER, MONTY PYTHON und eben THE AVENGERS, die in den Jahren 1961-1969 produziert wurde.

Das Besondere an THE AVENGERS war allerdings, dass der Kultstatus der Serie bei sehr vielen Fans an einer bestimmten Person festgemacht wurde, der wundervollen Diana Rigg als Mrs Emma Peel.

Wohlhabende Witwe von Testpilot Peter Peel, Martial Arts-Expertin, Amateurwissenschaftlerin, Spionin und Nachfolgerin von Cathy Gale (Honor Blackman) an der Seite von John Steed (Patrick Macnee), einem Ausbund britischer Eleganz und Höflichkeit, selbst im Antlitz des Todes.

Der mädchenhaften, unwiderstehlichen Sexyness von Diana Rigg, eine für diese Zeit erstaunlich emanzipierte weibliche Heldin, konnten weder Honor Blackman (besser bekannt als Pussy Galore aus GOLDFINGER) noch Linda Thorsten als Tara King in den finalen Episoden der Serie etwas entgegensetzen – zudem gilt Rigg (die in ON HER MAJESTY’S SECRET SERVICE auch noch ihren Auftritt an der Seite von James Bond haben sollte) als erste Frau, die in einer TV-Serie Kung Fu praktiziert hat.

Deshalb bleibt die vierte und fünfte Staffel von THE AVENGERS der wirklich sehenswerte Teil der insgesamt 161 zwischen 1961-1969 entstandenen Folgen. Im allgemeinen wird THE AVENGERS als Kriminalserie bezeichnet, dürfte aber ähnlich wie KOTTAN ERMITTELT Leute enttäuschen, die damit die logische Aufklärung eines Kriminalfalls verbinden, denn die besten Folgen sind eigentlich nach wie vor die, die jegliche Logik über Bord werfen und in poppig bunte Science Fiction-Gefilde abdriften, beziehungsweise einfach nur völlig abgedreht sind.

Und das ist genau das, was mich schon früher an der Serie fasziniert hatte, die alles andere als eine konventionelle Fiktionalisierung des Agenten-Alltags darstellte und bei der sich die Swinging Sixties ebenfalls gut bemerkbar machten.

Insofern macht es wenig Sinn, hier im Detail auf die Folgen einzugehen, die natürlich mal besser und mal schlechter waren, und in der fünften Staffel das erste Mal in Farbe ausgestrahlt wurden.

Wobei die Episode „Who’s Who???“ sicherlich ein gutes Beispiel für die fantasievolle, surreale und oft an die „Batman“-Serie aus dieser Zeit erinnernde Überdrehtheit von THE AVENGERS ist, in der zwei feindliche Spione mit Hilfe einer komischen Apparatur einen Körpertausch vornehmen, um in Gestalt von Peel und Steed jede Menge britischer Agenten umzubringen.

Und nicht zu vergessen die herrlichen Gastauftritte, darunter Christopher Lee, Donald Sutherland, Charlotte Rampling, Michael Gough oder Peter Cushing. Je weniger ernsthaft die Folgen waren, desto unterhaltsamer war die Serie auch.

Über den Spielfilm 1998 und die späte Neuauflage von 1976 hüllt man aber am besten den Mantel des Schweigens. Traumhaft und jederzeit wiedererkennbar natürlich auch die Musik von Laurie Johnson, der auch den Soundtrack von DR.

STRANGELOVE OR: HOW I LEARNED TO STOP WORRYING AND LOVE THE BOMB komponiert hatte. Hatte Kinowelt bei der Veröffentlichung der vierten Staffel nicht alle Folgen in ungeschnittener Form präsentiert, leider immer ein Problem bei TV-Serien dieses Alters, scheint diesmal alles in bester Ordnung zu sein, und die Qualität an sich ist sowieso phänomenal.

Die drei geschnittenen Folgen („Die Totengräber“, „Das schottische Schloss“ und „Das 13. Loch“) bekommt man hier noch mal in kompletter Form im Bonusmaterial nachgeliefert. Als weiteren unterhaltsamen Bonus gibt es zu jeder Folge eine Einführung von Oliver Kalkofe und GZSZ-Fiesling Wolfgang Bahro (nie bewusst gesehen den Mist, aber das Gesicht kennt man), die zwar keine ausgewiesenen Fachleute sind, aber bekennende Fans, und vor allem Kalkofe kann mit jeder Menge nett nerdiger Hintergrundinfos auftrumpfen.

Besser als in dieser Staffel waren THE AVENGERS nie, die man – abgesehen von inhaltlichen Veränderungen bei den amüsanten Dialogen – auch gut in der deutschen Synchronisation genießen kann.

Schade nur, dass die goldene Ära der Emma Peel damit beendet war, die dann noch mal in der Folge „The Forget-Me-Knot“ („Auf Wiedersehen, Emma“) 1968 auftauchte, die die nächste Staffel einleitete, der Anfang vom Ende des THE AVENGERS-Kults.

Das größte Mysterium der Serie bleibt aber, ob Peel und Steed mal was miteinander hatten, was ähnlich ungeklärt bleiben dürfte wie die Frage, ob Ernie und Bert schwul sind. Abschließend bleibt nur, noch mal Emma Peel zu zitieren: „Always keep your bowler on in time of stress, and watch out for diabolical masterminds.“