Ich habe viele Fragen an diese Platte. Was ist das an Fuzz-Gitarren, dass ich das sofort cool finde? Wieso spielt Miesha im Musikvideo genau die Gitarre, die ich als Teenager unbedingt haben wollte? Unfair. Und: Warum ist die „Singles EP“ nach zwanzig Minuten schon vorbei, obwohl ich viel mehr will? Die Musik ist Rock, der Gesang ist Garage-Punk. Das Duo aus Kanada überzeugt unter anderem mit starken Lyrics: In „Mixed blood girls“ schafft es Miesha als Halb-Secwépemc, – das ist ein indigenes Volk aus Kanada – innerhalb von drei Minuten allerhand unterzubringen: das kollektive Trauma der Secwépemc, Identitätskrisen von Nicht-Weißen, Diskriminierung, Privilegierung, Exotisierung und die Folgen der Fremdwahrnehmung der Mehrheitsgesellschaft. En passant machen die beiden einen fetzigen Rock-Song daraus. Das muss man erstmal schaffen. Mein Anspieltipp ist aber „I want fire“. Ein Stein, wer diese Power nicht fühlt. Man möchte mitsingen, mittanzen, ausrasten – was will man mehr von einem Song? Genau so was brauche ich jetzt. Etwas Kritik gibt es aber doch: Die Platte startet mit „Unstoppable“, der dafür, dass er ausdrücken soll, dass sie nicht zu bremsen sind, einen Tacken zu lahm daherkommt. Zum Glück wird das schnell wieder gut gemacht. Was soll ich sagen, MIESHA & THE SPANKS sind wie Taxi – holen mich ab.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #156 Juni/Juli 2021 und Julia Segantini