Der Krautrock-Connaisseur schätzt den 1950 in Hamburg geborenen Gitarristen Michael Rother vor allem als Mitglied von einflussreichen Bands aus den Siebzigern wie NEU! (zusammen mit Klaus Dinger) und HARMONIA (Rother plus CLUSTER).
Deren Schaffen hatte man sich bei Grönland bereits in Form von aufwändigen Vinyl- und CD-Boxen angenommen, jetzt folgt auch ein schöner Überblick hinsichtlich des Solo-Werks von Rother, der sich allerdings auf die ersten vier, von 1977 bis 1982 erschienenen Alben „Flammende Herzen“, „Sterntaler“, „Katzenmusik“ und „Fernwärme“ beschränkt.
Trotz Remastering und dickem Booklet dürfte diese Box für Krautrock-Fans älteren Semesters eher uninteressant sein, wobei besagte Alben einzeln gerade nur noch gebraucht erhältlich sind. Mehrwert schafft hier allerdings eine zusätzliche CD mit der Musik für die Filme „Les Brigands“ von 2015 (frei nach Friedrich Schiller) und „Houston“ (2013).
Zwei eher mäßige Werke, für die Rother aber sehr gelungene, fast schon Synthpop-mäßige Musik aufnahm. In der LP-Box befindet sich exklusiv auch noch ein Remix- und Live-Album. Grundsätzlich würde ich NEU! beziehungsweise Klaus Dingers anderen Projekte und HARMONIA jederzeit den Vorzug vor Rothers späterem Schaffen geben.
Aber wer A sagt, muss auch B sagen, und so sind gerade die mit CAN-Schlagzeuger Jaki Liebezeit und von Conny Plank produzierten Platten wie „Flammende Herzen“ (deren Musik beim gleichnamigen Walter Bockmayer-Film von 1978 verwendet wurde), „Sterntaler“ und „Katzenmusik“ eine deutliche Fortführung des speziellen NEU!-Sounds, nur etwas „weicher“ und melodischer und dementsprechend auch eingängiger.
Man mag dabei im ersten Moment Dingers Wildheit vermissen, aber dafür schafft Rother ebenfalls sehr einprägsame instrumentale Texturen aus eigenwilligen Gitarren- und Synthie-Sounds, die bis heute nichts von ihren suggestiven Kraft verloren haben.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #87 Dezember 2009/Januar 2010 und Thomas Kerpen
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #143 April/Mai 2019 und Thomas Kerpen
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #153 Dezember/Januar 2020 und Thomas Kerpen