„Wenn’s nicht so war, dann war’s ähnlich“, heißt es am Anfang von Marlon James dritten Roman (im Original: „A Brief History of Seven Killings“). Und ob’s so ähnlich gewesen ist, weiß niemand so genau.
Nach James’ Romandebüt „John Crow’s Devil“ 2005 stellt das aktuelle Werk die zweite deutsche Übersetzung dar, die mit der Intention des Autors, kulturspezifische Sprachgepflogenheiten beziehungsweise Slangs in seinen Werken möglichst authentisch wiederzugeben, vor einer großen Herausforderung stand.
Auch wenn dies sicher gut gelungen ist, Sprachsichere und Interessierte sind mit dem Original bestimmt besser bedient. Diese „kurze“ Geschichte bewegt sich zwischen Realität und Fiktion in einem von gesellschaftlich-politischen Unruhen geprägten Jamaika zwischen 1976 und 1991.
Real ist die Beschreibung der jamaikanischen Gesellschaft sowie der Mordanschlag auf „den Sänger“, wie Bob Marley im Buch genannt wird, dem dieser im Dezember des Wahljahres 1976 nur knapp entkam.
Durch fiktive Charaktere und halbwahre Begebenheiten spannt James ein enges Netz aus verschiedenen Erzählungen, das sich aus den persönlichen Berichten von Gangmitgliedern, Journalisten, CIA-Agenten, Politkern und Menschen aus Marleys näherem Umfeld nährt.
Trotz des Personenregisters geht der Überblick manchmal verloren, die chronologische Unterteilung schafft wieder mehr Übersicht. Über die teilweise unstrukturiert erscheinenden subjektiven Erzählungen der ProtagonistInnen entsteht eine gnadenlos explizite Beschreibung von Gewalt, Sex, Drogen und Missbrauch.
Ein atmosphärisch dichter Roman, der zum Nachforschen anregt.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #130 Februar/März 2017 und David Prinz