„Großväterland“ dürfte eines der letzten Dokumente sein, das Geschichten damals jugendlicher oder erwachsener Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges festhält. Nahezu alle, die zu Wort kommen, sind zur Zeit der Befragung durch die Autoren bereits zwischen neunzig und hundert Jahre alt.
Die Auswahl der hier in Comicform hinterlegten Erinnerungen erfolgte aber nicht unkritisch, veröffentlicht wurden nach einer gründlichen Prüfung nur plausible Geschichten, deren historische Hintergründe jeweils nach der entsprechenden Comicepisode zu dem Ereignis systematisch in einem kurzen Aufsatz erläutert werden.
Diese Episoden sind thematisch angeordnet, unterteilt in Kriegsausbruch, Flakhelfer, Stalingrad, Krieg im Nordmeer, Invasion in der Normandie, Schlacht im Hürtgenwald und an der Ostfront, Bombenkrieg und Kriegsende.
Warum aber sprechen manche erst jetzt, nachdem sie so viele Jahre geschwiegen haben? Hardinghaus erklärt das mit Angst und Scham den Nachfahren gegenüber. Dafür spricht, dass die Zeugen hier nahezu komplett anonym bleiben, lediglich der jeweilige Vorname wird genannt, teilweise auch eine kurze Vor- und Nachgeschichte zu dem Ereignis an sich.
Vielleicht will mancher unter ihnen aber auch Frieden mit sich selbst schließen und Verdrängtes aufarbeiten. Unfassbar Grauenvolles haben alle von ihnen durchlebt. Dennoch sind es keine Opfer, sondern nahezu ausschließlich (Mit)Täter, die hier ein menschliches Gesicht bekommen.
Das ist bewegend und zugleich sehr beängstigend, denn es erzählen keine Monster, sondern ganz normale Leute mit durch das Dritte Reich völlig verzerrten, schrecklichen Lebensläufen. Da stellt sich natürlich die Frage, ob man selbst in ihrer Situation auch mitgespielt hätte.
Die Lehre? Wehret den Anfängen!