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MADAME CLAUDE UND IHRE GAZELLEN

Der auch als Modefotograf bekannte Just Jaeckin verdankt seinen Bekanntheitsgrad als Regisseur vor allem seinen ersten beiden 1974 und 1975 entstandenen Erotikfilmen „Emmanuelle“ und dem sadomasochistischen „Die Geschichte der O“, basierend auf den bereits in den 1950er Jahren entstandenen skandalträchtigen Romanen von Emmanuelle Arsan und Pauline Réage aka Anne Desclos. 2022 verstarb Jaeckin mit 82 Jahren – in dem Jahr erschien auch sein letztes Werk „Gwendoline“ (eine von John Willie in den 1940er Jahren geschaffene Heldin sadomasochistischer Comics) von 1984 das erste Mal ungeschnitten in einer 4K UHD-Edition. Jaeckins Film wirkt aber eher wie ein müder Abklatsch des im selben Jahr entstandenen „Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten“, der wiederum eine Kopie von „Jäger des verlorenen Schatzes“ war. Zumindest verschonte Jaeckin einen in seinen Filmen mit der Weichzeichner-Ästhetik seines Kollegen David Hamilton. Nach „Emmanuelle“ und „Die Geschichte der O“ entstand „Madame Claude“ (die Gazellen dichtete der damalige deutsche Verleih hinzu), bei dem sich Jaeckin vom Leben der französische Bordellbesitzerin Fernande Grudet inspirieren ließ, die in den 1960er Jahren einflussreiche Männer aus Politik und Wirtschaft mit Callgirls versorgte – 2021 wurde sie zum Thema einer Netflix-Serie. Auf der aktuell erschienenen Blu-ray und DVD des Films befindet sich auch eine knapp einstündige Dokumentation über Madame Claude, die spannender als der eigentliche Film ist, der mit einem recht kurzen Auftritt von Klaus Kinski aufwartet und einem Serge Gainsbourg-Soundtrack. Was eine interessante Variation von Tinto Brass’ „Salon Kitty“ hätte werden können (ohne Nazis), wird der gesellschaftlichen und politischen Dimension des Themas niemals gerecht und bleibt auch als Erotikfilm reichlich blass.