Einen zum Poster ausklappbaren Einband gibt es eher selten. Aufgefaltet ist es ein Foto des verstorbenen nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-il (Diktator von 1994 bis 2011) mit Schauspielerin Choi Eun-hee und Regisseur Shin Sang-ok zur linken und rechten Seite, während sich zusammengefaltet eine trashig angehauchte Collage aus den Protagonisten der Geschichte(n) und dem einmontierten Foto eines Atompilzes zeigt. Dieser Ansatz zieht sich durch den gesamten Band: Kunst und Mythos treffen auf Realität. Unter kulturhistorischer Beratung von Choo Young-Rong verflicht Patrick Spät die Biografie von Choi Eun-hee mit Elementen aus „Pulgasari“, einem auf einem koreanischen Mythos basierenden Monsterfilm, den Shin Sang-ok 1985 im Auftrag des damaligen Leiters des Referats für Propaganda und Agitation als Remake des verschollenen südkoreanischen Originals von 1962 (damals mit Choi Eun-hee in der Hauptrolle) drehen musste. 1978 im Auftrag von Kim Jong-il nach Nordkorea entführt, wurden Shin und Choi gegen ihren Willen bis zu ihrer spektakulären Flucht während eines Filmfestivals in Wien 1986 dort festgehalten. Zuvor hatten Choi und Shin in den Fünfziger und Sechziger Jahren gemeinsam zahlreiche innovative Filme gedreht, bis die Zensurbehörde der südkoreanischen Militärdiktatur ihnen eine Weiterarbeit untersagte. Wie schon in „Der König der Vagabunden“ beweist Patrick Spät ein gutes Gespür für interessante politisch aufgeladene Inhalte mit realem historischen Hintergrund. Die der Handlung angefügte Chronologie liefert zentrale Informationen und Interpretationsansätze. Eine aufschlussreiche Lektion in Sachen nord- und südkoreanische Beziehungen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #167 April/Mai 2023 und Anke Kalau