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BERENICE

Lukas Jüliger, Edgar Allan Poe

Grün-grau hat Lukas Jüliger seine Umsetzung des Edgar Allan Poe-Klassikers „Berenice“ koloriert. Weil Geschichten „von Wahn, Tod und Verfall“ laut dem Nachwort von Jörg Böckem einfach grün sein müssen.

Und Böckem muss solche Geschichten in seiner tripreichen Vergangenheit öfter als einmal erlebt haben. Er weiß also, dass Jüliger alles richtig gemacht hat. Auch sonst in der Wahl seiner eher ungewöhnlichen Anime-Interpretation des Ausgangsstoffs.

In aller Deutlichkeit erkennt man das Poe-Original tatsächlich erst sehr spät, zu 100% sogar erst am Schluss. Davor wird der von Poe wortreich zelebrierte Rückzug in die Einsamkeit und Besessenheit von anderen in eine moderne Verpackung gesteckt: Webcams, Posts, Streams, Nonstop-Serien, getragene Schlüpfer, Cybersex und Schokoriegelautomaten.

Poe goes Popkultur – aber auf die düstere Seite der dreckigen Jogginghosen, Instantnudelsuppen und vollgemüllten Jugendzimmer. Und er passt erstaunlich gut dorthin. Der zweite Band der von Isabel Kreitz herausgegebenen Reihe „Die Unheimlichen“ steht seiner Vorlage hinsichtlich Verstörungsgrad in nichts nach.