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LUCIDVOX

That’s What Remained

Das Elend des Terrorkrieges des Putin-Regimes gegen die Ukraine und seine Auswirkungen auf die gegenkulturelle Szene Russlands lässt sich an den wenigen Social-Media-Posts der All-female-Band LUCIDVOX aus ehemals Moskau ablesen. Tourabsagen von Ende Februar 2022, verzweifelte Distanzierungen, Wortmeldungen aus Georgien und Armenien, Ankündigen von Konzerten in Südost- und mittlerweile auch Westeuropa. Eine weitere entwurzelte Band, die so wie bisher in Russland nicht weitermachen konnte, vier junge Frauen im Exil. Immerhin hatten sie das Glück, nach drei selbstveröffentlichten Minialben ab 2013 dann mit ihrem 2020er Album „We Are“ auf Glitterbeat Records untergekommen zu sein und so einen Fuß in der Tür zum Westen zu haben. Ebenfalls auf Glitterbeat ist nun ihr neues Album „That’s What Remained“ erschienen, entstanden in den Wirren seit 2020 und mit einer Vielzahl von musikalischen Gästen, die die Kernbesetzung punktuell um Bläser, Streicher und Synthesizer erweiterten. LUCIDVOX, die ich beim letzten Album mit SONIC YOUTH, SIOUXSIE AND THE BANSHEES und LE BUTCHERETTES verglich, haben diesmal eine noch dichter gewobene Soundtextur geschaffen, die sich freizügig an Noise- und Post-Rock bedient, Elemente von Krautrock und Psychedelic integriert und das mit einer Note würzt, die mit „osteuropäischer Folklore“ eher hilflos beschrieben ist. Gerade der teils mehrstimmige Gesang, bei „All frozen“ etwa genial mit harschen Gitarren kontrastiert, besticht durch ungewohnte Melodien, die vielleicht etwas von Volksliedern haben. „That’s What Remained“ mäandert zwischen verschiedenen Welten, wie die Band selbst auch.