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LOUIS DE FUNÈS COLLECTION 1 & 2

Bei diesen beiden Boxen mit jeweils drei Filmen handelt es sich ja nicht um die ersten hierzulande erschienenen DVDs mit Filmen des großen französischen Komikers Louis de Funès, der einem vielleicht nicht gerade Humor der intellektuellsten Sorte lieferte, aber dafür ansonsten völlig unnachahmlich war.

Ein kleiner Choleriker mit wunderbarer Mimik und Gestik, der allerdings in Deutschland darunter zu leiden hatte, dass seine Filme in sinnentstellender Weise synchronisiert und gekürzt wurden, um sie dem Publikumsgeschmack anzupassen, was ja in den Sechzigern und Siebzigern die Regel war.

Vor allem dank Menschen wie Rainer Brandt oder Karl-Heinz Brunnemann und ihrem speziellen Sinn für Humor, der oft gar nichts mehr mit dem Originalfilm zu tun hatte. Und so war das große Problem der bisher bei Universum erschienenen Funès-Filme, dass zwar die Originaltonspur vorhanden war, aber darauf nur die alte stark abgeänderte deutsche Synchronisation als Untertitel gelegt wurde, man spricht da von Dubtitle, also konnte man sich eigentlich gleich die deutsche Sprachfassung ansehen.

Ganz zu schweigen von jeder Menge DVDs anderer Firmen wie BALDUIN MIT DEM LEICHENTICK, die qualitativ höchstens auf VHS-Niveau waren. Insofern kann sich der Funès-Fan über diese beiden Boxen von Kinowelt wirklich freuen, die neben unterschiedlichen Versionen der Filme auch gescheite Untertitel besitzen, hinzu kommt eine durchweg erstklassige Bild- und Tonqualität.

Leider finden sich wie in so vielen Boxen auch Filme, die weniger gelungen sind, hier vor allem in Box 1 FÜNF GLÜCKSPILZE. An dem war zwar der Regisseur vieler Funès-Filme beteiligt, Jean Girault, aber dennoch kann der in schwarzweiß gedrehte, durchaus witzige Episodenfilm nicht völlig überzeugen.

Der Funès-Fan muss sowieso bis ganz zum Schluss warten, um den Komiker als entnervten Lotteriegewinner zu erleben, der versucht zusammen mit Frau und Tochter eine größere Geldsumme auf die sichere Bank zu bringen, wo allerdings die gefährlichsten Verbrecher lauern – offenbar hatte der Beruf des Bankers schon in den Sechzigern nicht den besten Ruf.

Weniger gut ist dann auch in Box 2 LOUIS, DAS SCHLITZOHR (1965) von Gérard Oury, in dem Funès einen verbrecherischen Industriellen spielt, der einen naiven Italienurlauber (der bekannte Komiker Bourvil) dazu benutzt, um einen Cadillac mit Schmuggelware nach Bordeaux zu überführen.

Vielleicht liegt es an der deutschen Synchro, aber vielleicht ist der Film auch so einfach ziemlich albern, denn LOUIS, DAS SCHLITZOHR erinnert mehr an einen schlechten Heinz Erhardt-Film, in dem Bourvil von einer blödsinnigen Situation in die nächste gerät.

Kein Klassiker im Schaffen von Funès, zumal der hier eher die zweite Geige spielt, und den man sicher kein zweites Mal anschauen muss, auch wenn auf der DVD zwei unterschiedliche deutsche Synchros enthalten sind.

Definitiv ein Klassiker ist in Box 2 DIE ABENTEUER DES RABBI JACOB (1973) von Gérard Oury, in dem Funès den rassistischen wie reaktionären Fabrikanten Buntspecht mimt, der auf dem Weg zur Hochzeit seiner Tochter in einer Kaugummifabrik (eine legendäre Szene) über arabische Killer stolpert, die einem nach Frankreich geflohenen Revolutionär auf der Spur sind.

Die besondere Ironie der Geschichte ist, dass er sich schließlich als Rabbiner ausgeben muss, nachdem er zu Beginn seinem jüdischem Fahrer gegenüber noch durch antisemitische Äußerungen geglänzt hatte.

Sicher eine der Paraderollen von Funès, dessen Situationskomik sich hier voll entfalten kann. DIE ABENTEUER DES RABBI JACOB hat über die Jahre wenig von seiner Absurdität eingebüßt und ist immer noch ein großer Spaß.

In Box 2 befindet sich dann noch ein weiterer echter Hit, der von mir immer verschmähte LOUIS, DER GEIZKRAGEN von 1980, bei dem sich Funès und Girault die Credits für Drehbuch und Regie teilen.

Basierend auf einem Stück von Molière aus dem Jahr 1668, geht es darin um den von Geiz zerfressenen, wohlhabenden Pariser Bürger Harpagon, der es selbst auf eine hübsche junge Nachbarstochter abgesehen hat, während er den Sohn und die Tochter mit schon reichlich betagten Herrschaften verheiraten will, die allerdings gut betucht sind.

Die turbulenten Ereignisse werden noch dadurch gesteigert, dass Harpagon im Garten eine gut gefüllte Geldkassette vergraben hat, die er argwöhnisch bewacht und dabei selbst den eigenen Kindern nicht über den Weg traut.

Ein herrlich komisches wie überspitzes Porträt des kleinkarierten Bürgertums, das zwar im 17. Jahrhundert angesiedelt ist, aber dessen zugrunde liegende Botschaft durchaus noch zeitgemäß ist.

Dieser wunderbare Film liegt direkt in zwei verschiedenen Fassungen vor, denn die 1979 entstandene Fassung mit Synchronsprecher Peter Schiff wurde vom Verleih drastisch gekürzt, um gut 40 Minuten.

Hinzu kam eine Synchronisation, gegen die so mancher Bud Spencer & Terrence Hill-Film verblasst. Ziel war es natürlich, den Theaterstück-Charakter des Films zu reduzieren, wodurch auch leider einige von Albert Uderzo, einer der beiden Erfinder von Asterix, gestaltete Hintergründe unter den Tisch fielen.

Schaut man sich die stark gekürzte Fassung nachträglich noch einmal an, ist man überrascht, wie gut LOUIS, DER GEIZKRAGEN immer noch funktioniert. Und Peter Schiff bringt selbst den beknacktesten Spruch noch mit erstaunlicher handwerklicher Qualität über die Lippen, allerdings empfiehlt es sich, diese Version nur im bereits leicht berauschten Zustand anzusehen, nüchtern wäre diese Erfahrung zu schmerzhaft.

Hinsichtlich der Sprecher kann die Neusynchronisation der kompletten, knapp zweistündigen Fassung zwar nicht mit der von Schiff mithalten, aber vielen Leuten, die deswegen rummeckern, scheint dabei einfach nicht klar zu sein, dass die alte Synchro so gut wie nichts mit dem Original zu tun hat.

Ansonsten hat sich LOUIS, DER GEIZKRAGEN zu einem meiner Lieblingsfilme mit Funès gemausert. Eine schöne Entdeckung ist auch der von Girault gedrehte QUIETSCH ... QUIETSCH ... WER BOHRT DENN DA NACH ÖL? (1963), dem einige Leute ebenfalls Molière-Qualitäten zuschreiben.

Funès gibt hier einmal mehr einen cholerischen Familienpatriarch, der ähnlich wie Harpagon mehr am Geld als an seinen Mitmenschen hängt. Der Supergau stellt sich für besagten Monestier ein, als sich dessen Frau eine nutzlose Erdölkonzession für ein Gebiet irgendwo im Dschungel aufschwatzen lässt und er versuchen muss, diese einem älteren Verehrer seiner Tochter (die wundervolle Mireille Darc, die auch in einer Episode von FÜNF GLÜCKSPILZE auftaucht) unterzujubeln, wobei seine Bemühungen permanent durch irgendwas oder irgendwen gestört werden.

Eine Mischung aus französischem Boulevardstück und amerikanischer Screwball-Comedy mit hohem Tempo, viel Slapstick wie Dialogwitz und absurden Verwechslungen, die sicherlich zu den besten Frühwerken von Funès gehört.

Interessanterweise ist auf der DVD auch noch eine Farbfassung von QUIETSCH ... QUIETSCH ... WER BOHRT DENN DA NACH ÖL? enthalten, die scheinbar für den deutschen Markt koloriert wurde, warum auch immer.

Und dann wäre da noch in Box 1 der extrem populäre DIE GROSSE SAUSE (1966) von Gérard Oury, bei dem sich die Talente von Funès und Bourvil in wesentlich überzeugender Form ergänzen, als es bei LOUIS, DAS SCHLITZOHR der Fall ist.

Bourvil spielt darin einen Malermeister und Funès den Stardirigenten der Pariser Oper im von Deutschen besetzten Frankreich des Jahres 1942, die versuchen, drei dort abgestürzte Engländer (darunter der unvergessliche Terry-Thomas) zur Flucht zu verhelfen, während die Nazis Jagd auf sie machen.

Um eine tierschürfende Aufarbeitung der Besatzungsjahre Frankreichs handelt es sich hier ganz sicher nicht, denn das zeitliche Kolorit dient nur als ungewöhnlicher Hintergrund für eine rasante, überdrehte Verfolgungsjagd, bei der man sich auch über die blöden Deutschen mächtig lustig machen konnte.

Weswegen die alte deutsche Fassung mit dem Titel DREI BRUCHPILOTEN IN PARIS wohl auch um 15 Minuten gekürzt wurde. Dabei fielen ebenfalls einige Diskussionen zwischen Bourvil und Funès unter den Tisch, bei denen es um die Klassenunterschiede der beiden geht.

Bei DIE GROSSE SAUSE gibt es gleich drei Synchros, zwei ältere mit Gerd Martienzen als Sprecher, der bekanntesten Stimme von Funès, die dann noch zu einer dritten „integralen“ Fassung kombiniert wurden, und eine ganz neue von 2009 mit einem anderen Sprecher, die aber dem Original am nächsten kommt.

Trailer sind natürlich auch noch bei allen Filmen vorhanden. Zwei wirklich schöne Veröffentlichungen, bei denen man sich offenbar wirklich Mühe gegeben hat, die Funès-Filme in einer Form zu präsentieren, die sowohl alte Fans zufrieden stellt als auch Leute, die mehr Wert auf originalgetreue Versionen legen.