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LOMA PRIETA

Last

Es gibt Bands, die geheimnissen in ihren Promo-Mails endlos rum und halten sich für unglaublich kreativ, wenn sie ihre Musik blumig umschreiben. Wenn ich aber nicht innerhalb von Sekunden sehen kann, ob mich das potenziell interessieren wird, habe ich weitergescrollt beziehungsweise die E-Mail gelöscht, ohne irgendwas anzuklicken. Simple as that. Und hier heißt es auf der Labelwebsite ganz schnörkellos: „LOMA PRIETA are a Punk band from San Francisco, CA.“ Was ich natürlich schon wusste, sonst wäre die LP nicht ihn meinem Beutebeutel gelandet, was beim klassischen Durchsehen der Neuzugänge im Plattenladen allerdings deutlich schwerer geworden wäre. Auf dem Frontcover ein künstlerisches Blumenmotiv, der Bandname nur ganz klein unten auf dem Backcover – wenn da nicht ein engagierter Betreiber wie in grauer Vorzeit einen Zweizeiler oben erwähnter Art auf die Schutzhülle klebt, sind die Finger hier schneller als die Augen (Beim Einpacken entdecke ich dann, dass auf die Plastikhülle klein der Bandname aufgedruckt ist ...). 2013 interviewten wir die 2005 gegründeten LOMA PRIETA mal fürs Ox, Sean Leary (gt, voc), Brian Kanagaki (gt, voc) und Val Saucedo (dr) sind immer noch dabei, James Siboni (bs) ist neu – na ja, seit 2014 ... Eine erstaunlich resiliente Band, und ich zuckte kurz zusammen, als ich die hellblaue LP auspackte: zuletzt hatte ich 2015 das „Self Portrait“-Album reviewt, ihr fünftes ... war mir da was entgangen? Nein, nur eine EP gab es seitdem, 2020, natürlich ebenfalls auf Deathwish. Und nun also das sechste Album, mit dem LOMA PRIETA, die sich einst nach dem Erdbeben benannten, das 1989 die Bay Area traf, mich mal wieder total abholen: Ihr Screamo ist nicht durchgängig Geschrei, ihr Post-Hardcore nur passagenweise, ihr Noiserock-Ansatz dominant, und was man einst unter „Emo Violence“ verstand, kann heute keiner mehr erklären. Komplexer, rasanter ... Punkrock, mental vergeschwistert mit den ähnlich experimentierfreudigen FUCKED UP und immer noch im Lager der SONIC YOUTH-Verehrer. Nach 10:42 (A-Seite) und 11:55 (B-Seite) ist alles vorbei und die Nadel will wieder zur Einlaufrille geführt werden.