KÖNIGREICH DES VERBRECHENS

KÖNIGREICH DES VERBRECHENS (ANIMAL KINGDOM), das Spielfilmdebüt des Australiers David Michôd, ist ein Einstand, wie man ihn vielen Regisseuren wünschen würde. Der deutsche Titel ist allerdings etwas unglücklich gewählt, würde aber bei einer exakten Übersetzung mehr nach „Im Reich der wilden Tiere“ und Bernhard Grzimek klingen.

Genau um diese Parallelen zwischen Tier- und Menschenreich geht es Michôd aber in seinem nihilistischen Porträt einer Gangstersippe in Melbourne. In diese Familie gerät der wortkarge 17-jährige Joshua Cody, als seine Mutter, die ihn jahrelang vor dieser abgeschirmt hatte, wegen einer Heroin-Überdosis das Zeitliche segnet.

Seine Großmutter nimmt ihn aber dennoch herzlich bei sich auf, die als Matriarchin mit fast inzestuöser Zuneigung über das Schicksal ihrer drei Söhne wacht, die sich mit Drogenhandel und Raubüberfallen über Wasser halten.

Die familiäre Idylle bricht allerdings auseinander, als die Polizei einen der Söhne auf offener Straße regelrecht hinrichtet, was zu einer Eskalation der Gewalt führt. Das schwächste Glied in dieser Kette scheint Joshua zu sein, den Detective Nathan Leckie (Guy Pearce) versucht auf seine Seite zu ziehen, der aber hin und her gerissen ist, zwischen der Loyalität zu seiner „Familie“ und moralischen Bedenken.

Michôds Film ist dabei weniger ein typischer Gangsterstreifen, sondern das Porträt eines noch erstaunlich unschuldigen Jungen, der nach seinem Platz im Leben und einem Heim sucht, aber in ein Haifischbecken gerät.

Ein elegischer, düsterer und kraftvoller Film mit exzellenten Darstellern, bei dem Michôd auf fast surreale Weise das Tempo verlangsamt und die Sicht auf die Realität verzerrt, als stilistische Antithese zur Hektik des normalen Genre-Kinos.

Eine ungewöhnliche Familiensaga, die immer angenehm klischeefrei und realistisch bleibt.