Wer die Ox-Interviews mit Keith Morris zu OFF! gelesen hat, der weiß, dass der Ex-Sänger von BLACK FLAG, Shouter von CIRCLE JERKS und Frontmann von OFF! und FLAG von entwaffnender, analytischer Ehrlichkeit ist.
Er macht, wie man so schön sagt, aus seinem Herzen keine Mördergrube, küsst keine Ärsche. Und das macht diese Autobiographie, die wohl auf von Jim Ruland (Flipside, Razorcake) geführten Interviews basiert, so spannend, verschafft einige erhellende Einsichten.
So manches Buch in Sachen Punk- und Hardcore-Historie ist erschreckend ausgewogen und objektiv. Morris hingegen macht schon weit vorne im Buch klar, was er von Greg Ginn hält, dem BLACK FLAG-Diktator.
Morris hält nicht damit hinterm Berg, wie krass sein Alkohol- und Drogenmissbrauch über Jahrzehnte war, was für ein Arschloch er in diesen Jahren sein konnte, bis er schließlich die Kurve kriegte, weil er als Diabetiker sonst krepiert wäre.
Und er macht klar, dass „Oddities, Abnormalities And Curiosities“, das 95er-Major-Album der CIRCLE JERKS, für ihn rückblickend ganz große Scheiße ist. Und immer wieder BLACK FLAG und Greg Ginn, ein Thema, das ihn bis heute verfolgt.
Fies die Geschichte um die „Reunion“ von BLACK FLAG 2003: Ginn präsentierte Morris zum Proben eine BLACK FLAG Karaoke-CD mit den Songs in halber Geschwindigkeit. Die seien seinerzeit viel zu schnell gespielt gewesen ...
Und schlimmer noch: Ginn erweist sich als KORN-Fan. Morris, am 18. September 1955 geboren, ist ein Überlebender, eine echte Persönlichkeit, ein Stehaufmännchen, ein wirklicher Musikliebhaber und alles andere als ein angepasster Karrierist, vor allem aber keine tragische Gestalt.
Unbedingt lesenswert.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #129 Dezember16/Januar17 2016 und Joachim Hiller