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SKEPTIKER

Kein Weg zu weit

Als Tom Schwoll im Interview mit ES WAR MORD in Ox 133 andeutete, dass seine andere Band, DIE SKEPTIKER, nach fünf Jahren an einem neuen Album arbeitet, wurde mir leicht blümerant. Wusste ich doch von wenigstens einem aktuellen, persönlichen Schicksalsschlag, den ein Bandmitglied erlitten hatte.

Das würde sich doch garantiert auch textlich niederschlagen? Es kam, wie es kommen musste. Als Erstes fällt mir an „Kein Weg zu weit“ jedoch auf, dass es wirkt, als hätte Tom seinen Sound von ES WAR MORD hinüber ins Schaltraum-Studio getragen, sehr düster und vor allem sperrig gestalten sich die Songs.

Erst beim siebten Song, „1918“, entdecke ich „meine“ SKEPTIKER so richtig wieder. Das kann so nicht bleiben. Zweiter Versuch, Rotwein aufgemacht, aha, nun finde ich schon weit besser und tiefer hinein, und die stets herausragenden Lyrics von Sänger Eugen Balanskat machen es einem ohnehin nie richtig schwer.

Die Platte teilt sich in zwei sich Themenfelder, zum einen geht es um private Schicksalsschläge, zum anderen um den Ersten Weltkrieg in seiner grausamen Wirklichkeit (zum traurigen 100-jährigen Jubiläum) beziehungsweise darum, wie unbelehrbar die Menschen bis dato geblieben sind, wenn es gilt, Moral gegen Geld abzuwiegen.

Im zweiten Song, „Immerfort“, geht es um einen Verlust, und es ist immer wieder faszinierend, wie nah einem dieser Eugen Balanskat kommt, wie schnell man Texte auf sich selbst beziehen kann.

Darin heißt es: „Die ganze Wohnung steht so voll / mit Büchern, die ich einstmals las / Und fand ich sie auch noch so toll / das meiste ich alsbald vergaß“. Ich meine zu hören, dass da ein Problem, das Sich-Vergraben in die Welt der Bücher, als Lebenshilfe, Trost, Rückzugsgebiet, noch für andere ein Thema ist, bis ich dann jedoch kühl erwischt werde, denn er singt weiter, nun konkreter werdend: „Denn zu verkopft und zu steril war alle Theorie / Es fehlen Liebe, Lust und Spiel /Es fehlte nur eine ,Sie‘“.

Doch das elfte Album der SKEPTIKER kann noch mehr: „Gegen die Wand“ birgt zu Beispiel eine Zustandsbeschreibung einer jungen Frau, die sich einem illusorischem Leben hinzuwenden vermag. In „Ich weiß nicht“ hinterfragt sich Eugen dann noch einmal selbst, wieder mit der ihm eigenen grundtypischen Note und untermalt von einer treibenden Gitarre.

Bei „14/18“ erfreut mich eine sehr quirlige Leadgitarre. Bei „Abgrund“ ist „Kiki“ Zabels wummernder Bass förmlich in den eigenen Innereien zu spüren und eine Metal-Gitarre bringt ein ungeahntes Solo hervor.

Im „Schlussakkord“ bringt uns die seit 1986 existierende Kultband dann am Ende zurück – auch durch Balanskats ehrlich gesungenes Klagen – in die tiefschwarze Dunkelheit vergangener und kommender Tage.

„Der Trauerschmerz, er will nicht mehr vergeh’n“. Wahrhaftig. Und traurig.