KALINGA TATTOO

Lars Krutak

Sind die Tattoo-Bücher der Edition Reuss sonst eher urbanen Kulturen gewidmet, geht in diesem ethnologischen Buch um das Volk der Kalinga auf den Philippinen, um deren uralte Tätowiertraditionen, und das Aufgreifen dieser durch moderne, junge philippinische Tätowierer im In- und Ausland.

Entstanden ist dieses Werk unter Federführung von Dr. Lars Krutak vom Smithsonian-Institut in Washington, D.C., der die fast neunzigjährige Tätowierkünstlerin Whang-Od auf den Philippinen in ihrem abgelegenen Dorf besuchte und daraufhin beschloss, diese Kultur zu dokumentieren, in der die schwarzen Bilder mit Ruß unter Zuhilfenahme einer Fledermauskralle in die Haut geklopft werden.

Frauen und Männer sind bei den Kalinga (einem Stamm, der bis vor ein paar Jahrzehnten noch die Kopfjagd praktizierte) mit großflächigen Strichzeichnungen an Vorder- und Rückseite des Oberkörpers sowie den Armen geschmückt.

Neben erklärenden Texten auf Deutsch und Englisch dominieren großformatige Fotos der Kalinga-Männer und Frauen das Buch, aufgelockert durch Landschaftsfotos, so dass dieses beeindruckende Werk bisweilen eher an eine Geo-Fotoreportage als ein klassisches Tattoo-Book erinnert.

Schnell wird einem klar, wie unterschiedlich die Funktion von Tattoos in unserer modernen, westlichen Gesellschaft im Vergleich zu dieser Stammesgesellschaft zwischen Tradition und Moderne ist.

Sind diese bei uns zwar durchaus auch ein Statement, aber vor allem indvidueller Körperschmuck, wirken die indviduellen, aber doch stilistisch stark verwandten Hautbilder von vom Leben gezeichneten Menschen jenseits des siebzigsten Lebensjahres ganz anders, wird klar, dass die Tätowierung hier ein ernster, sehr tief gehender Kulturbestandteil ist.

Ein beeindruckendes Buch, dessen Teil über moderne Adaptionen der traditionellen Motive durchaus dazu taugt, sich zu eigenen Tattoos inspirieren zu lassen.