Foto

JÖRG THOMASIUS

Acht Gesänge der schwarzen Hunde

Man hat gemeinhin wohl eine eher beschränkte Vorstellungen von dem, was im damaligen Arbeiter-und-Bauern-Staat so in kultureller Hinsicht möglich war und was nicht. Denn wie sollte man in einem Land wie der DDR an elektronische Instrumente wie Synthesizer herankommen, in dem so genannte langlebige Konsumgüter wie Fernseher oder Kühlschrank extrem teuer und der Erwerb mit langen Wartezeiten verbunden waren? Zumal selbst West-Musiker Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger Jahre noch Schwierigkeiten hatten, an die begehrten neuen technischen Wunderwerke namens Synthesizer heranzukommen, wenn man nicht gerade KRAFTWERK hieß und aus reichem Elternhaus stammte. Insofern ist man immer wieder verwundert über musikalische Ausgrabungen wie die von Jörg Thomasius. Der gehörte zwischen 1980 und 1990 zum experimentellen Elektronik-Underground in der DDR und spielte zusammen mit Dieter Zobel zu dieser Zeit auch im Avantgarde-Quartett DAS FREIE ORCHESTER, das sich an Bands wie CAN, CLUSTER oder TANGERINE DREAM orientierte. Zudem stand Thomasius auch mit Elektronik-Pionier Conrad Schnitzler in Kontakt, mit dem er nach der Wiedervereinigung weiter verstärkt zusammenarbeiten sollte. Bei Bureau B gibt es nun diese hörenswerte Zusammenstellung seiner extrem verspielten und dadurch auch zugänglicheren Arbeiten aus den Jahren 1980 bis 1990 (die auf seinem Tapelabel Kröten Kassetten erschienen waren), die überwiegend sehr rhythmisch gehalten sind und eine erstaunliche Bandbreite aufweisen, von Industrial bis hin zu deutlichen CAN-Referenzen.