JAWBREAKER

Dear You CD

Oh ja, sie waren die großen Verräter ... Die Szene schäumte, als JAWBREAKER 1995 für eine Million Dollar und nach drei Alben auf Shredder bzw. Tupelo beim Major Geffen unterschrieben. Aber das waren die Neunziger, die Majors konnten kaum laufen vor Geld, heuerten kredible Szeneleute als A&Rs und gingen dann einkaufen.

Das Ergebnis ist bekannt: Kaum eine dieser Bands ging ohne Wunden (aber zumindest finanziell gesund gestoßen) aus diesem Deal hervor, wenn sie ihn denn überlebte, in vielen Fällen erfüllte das aus dem Deal entstandende Album weder die Erwartungen der (beleidigten) Fans noch die in Sachen Verkaufszahlen die des Labels, und so war JAWBREAKERs "Dear You" ein typischer Fall: 50.000 verkaufte Alben waren nicht genug, in Deutschland hatte das Label seinerzeit keinen Finger krumm gemacht für die Band, und nach dem Abverkauf der Bestände wurde nicht mehr nachgepresst, die Band löste sich auf.

Kein Wunder, dass die Fans, die anfangs zwar enttäuscht waren von "Dear You", im Laufe der Jahre jedoch die Qualität der Platte erkannten, auch mal die Sache selbst in die Hand nahmen - in meinem Plattenschrank und vielen anderen steht eine vor zwei oder drei Jahren gepresste Vinylversion ...

Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Herren Pfahler, Bauermeister und Schwarzenbach noch nicht entschieden, auf Pfahlers Label Blackball Records eine Neuauflage jener Platte zu veröffentlichen, die seinerzeit zwar verfemt war, aber in gewisser Weise den Emocore-Boom der späten Neunziger wie kaum eine andere musikalisch beeinflusste - "Dear You" war seiner Zeit so weit voraus, dass man sie zeitlich auch 1999 oder 2000 verorten könnte.

"Dear You", das war die Vorwegnahme von JETS TO BRAZIL, der Band, mit der Schwarzenbach seine Vision des perfekten Gitarrenpopsongs weiter perfektionierte, ist bis heute ein Meisterwerk des Indierock, und ja, es war verdammt nötig diese Platte neu aufzulegen - ergänzt um ein paar Bonustracks und das Video zu "Fireman".

(68:16) (09/10)