JAPAN, sicherlich eine der ungewöhnlichsten Bands Ende der 70er, Anfang der 80er, die sich von einer etwas peinlichen Glamrock-Truppe zu einer ernstzunehmenden, wegweisenden Popband mauserten. Während zu dieser Zeit andere Typen mit schlimmen Frisuren ihren Synthiepop in die Charts spülten, gab es bei JAPAN zwar auch sehr prägnante Synthiesounds, bei dem aber in der Spätphase vor allem asiatische Einfüsse verstärkt verarbeitet wurden, was sich im Bandnamen ja schon sehr früh angedeutet hatte.
Und um noch mal auf die schlimmen Frisuren zurückzukommen, da stand Sänger David Sylvian Simon Lebon sicher in nichts nach, nur dass der JAPAN-Frontmann kein Pausenclown für die englische Musikpresse war, sondern ein ernsthafter, schon immer leicht Dandy-hafter Künstler.
Mit so einem Sound kam man dann sogar in die Charts, aber eine lange Lebensdauer war dieser Band nicht beschienen. Mike Karn, ein hervorragender Bassist, nahm danach unter anderem mit Peter Murphy von BAUHAUS eine Platte unter dem Namen DALI'S CAR auf, aber auch Sylvians Bruder Steve Jansen und Keyboarder Richard Barbieri waren weiterhin aktiv, wobei David Sylvians Solokarriere eher von der Musikpresse wahrgenommen wurde, aber das ist eine andere Geschichte.
Jedenfalls hat Virgin, nachdem Sylvian jetzt das Label verlassen hat, nichts besseres zu tun, als noch mal den kompletten Sylvian-Backkatalog wiederzuveröffentlichen, darunter auch drei JAPAN-Releases.
Der Fan freut oder ärgert sich, je nach Belastbarkeit der Geldbörse, denn gerade die drei besagten JAPAN-CDs waren bisher eine recht unbefriedigende Angelegenheit und besaßen noch diesen schrecklichen AAD-Auftrag, eine Abkürzung für "Aufnahmequalität absolut dürftig", hehe.
"Tin Drum" und "Gentlemen Take Polaroids" sind auf jeden Fall die wichtigsten Alben der Band, wo sie ihre musikalischen Ideen am ehesten auf den Punkt bringen konnten, Bass-lastige, rhythmische Popsong mit exotischen Samples, über denen Sylvians leicht unirdischer Gesang schwebt, Bryan Ferry nicht unähnlich.
"Gentlemen..." wurde mit drei Bonustracks aufgepeppt, einer davon allerdings nur ein Remix. "Tin Drum", das letzte und wahrscheinlich beste JAPAN-Album kommt mit einer zusätzlichen EP, darauf eine 12"-Version von "The Art of Parties" (ebenso wie eine Live-Version, die sich aber von der auf "Oil on Canvas" unterscheidet), Single-Versionen von "Ghosts" (einer der ganz, ganz großen Songs der Band) und "Life Without Buildings," ansonsten nur auf der Compilation "Exorcising Ghosts" enthalten.
Und schließlich ihr Live-Doppelabum "Oil on Canvas", 1983 nach Auflösung der Band veröffentlicht und teilweise mit Studiotracks versetzt, endlich auf CD mal in kompletter Form erhältlich, wo man deutlich sieht, dass JAPAN mehr als eine gewöhnliche Popband war, eher so was wie eine Progrock-Band für die 80er.
Für kurze Zeit gibt es alle drei Releases als limitierte Digipacks, was den Ästheten natürlich freut und den Kaufanreiz erhöht. "Exorcising Ghosts" ist zwar für mich immer noch die perfekte Einstiegsdroge in Sachen JAPAN, aber das mit Texten und tollem Artwork versehene Doppel-Album kam nie als vernünftige CD heraus und wird als Vinyl-Version inzwischen schwer aufzutreiben sein.
Na ja, auf jeden Fall ist JAPAN eine Band, die auch nach 20 Jahren wenig von ihrem exotischen Reiz eingebüsst hat, zumal sie ihrer Zeit sowieso immer voraus war.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #53 Dezember 2003/Januar/Februar 2004 und Thomas Kerpen
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #71 April/Mai 2007 und Thomas Kerpen
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #94 Februar/März 2011 und Joachim Hiller
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