„Ich bin gerne, wo die Menge drängt. Der hässliche Einzelne hilft zur Schönheit einer gewaltigen Ganzheit.“ Erich Mühsam war kommunistischer Anarchist. Aufgrund seiner Beteiligung an der Ausrufung der Münchner Räterepublik 1918/19 verbrachte er fünf Jahre in Festungshaft, bevor er 1933 von den Nationalsozialisten in ein Konzentrationslager verschleppt und dort 1934 hingerichtet wurde.
Von diesen politischen Hintergründen ist in „Anarchist in Anführungsstrichen“ allerdings kaum etwas zu spüren, dargestellt wird vielmehr ein sehr von sich selbst überzeugter Bohemien, der sich ungezügelt weltlichen Genüssen hingibt und das Vermögen der reichen Verwandtschaft mit vollen Händen verprasst.
Was wohl den Tatsachen entspricht, denn die Erzähltexte hat Bachmann direkt aus Mühsams Tagebüchern von 1910 übernommen. Sämtliche Sprechblaseninhalte sind frei erfunden, machen aber in ihrer grotesk-witzigen Art erst den Reiz dieses Comics aus.
Sex, Drugs und Dichtertum. Ein paar Jahrzehnte später geboren, wäre Mühsam wohl Avantgarde-Musiker geworden. Gilbert Sheltons Freak Brothers meet Linolschnitt. Bunt.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #139 August/September 2018 und Anke Kalau