JAMES WILLIAMSON

Re-Licked

Machen wir uns nichts vor: die letzten Solowerke von James Osterberg, vulgo Iggy Pop, sind kaum der Rede wert. Wie man alles besser macht, das beweist James Williamson, Jahrgang 1949, der ab Ende 1970 und bis zum Schluss der Gitarrist der STOOGES war, sich im Gegensatz zu seinen einstige Mitmusikern aber ein Leben jenseits von Bühne und Studio vorstellen konnte.

Anfang der Achtziger, nach einigen Jahren weiterer Zusammenarbeit mit Iggy, fing er mit Anfang dreißig an zu studieren, wurde Elektroingenieur und machte im Silicon Valley Karriere. Am Ende seines Berufslebens war er Teil des obersten Managements von Sony, ging 2009 mit sechzig Jahren finanziell gut ausgestattet in Frührente – und seitdem widmet er sich wieder dem Musikmachen, unter anderem mit den reformierten STOOGES.

Mit „Re-Licked“ (ein mehrfaches Wortspiel, einerseits mit Bezug auf „guitar licks“, andererseits „relict“, also „Überbleibsel“) hat er sich nun seines eigenen musikalischen Vermächtnisses angenommen und mit einer extrem illustren und geschmackssicheren Schar von Musikern und Sängern Songs neu aufgenommen, die er einst 1973/74 zusammen mit Iggy für ein Nachfolgealbum zu „Raw Power“ geschrieben hatte.

Aus dem Album wurde bekanntlich nichts, die Songs sind der Nachwelt größtenteils nur in Form von meist mäßigen Bootlegaufnahmen erhalten geblieben, und diesen Makel meinte Williamson beseitigen zu müssen.

Sowas kann komplett schiefgehen – oder es wird ein sensationelles Album wie dieses daraus: mit Williamson an der Gitarre und diversen Gastmusikern an den anderen Instrumenten, vor allem aber exzellenten Gastsängern und -sängerinnen wurden 16 Songs neu eingespielt.

Darunter sind „Head on the curve“ (Jello Biafra), „Open up and bleed“ (Carolyn Wonderland), „Scene of the crime“ (Bobby Gillespie, PRIMAL SCREAM), „She creatures of the Hollywood Hills“ (Ariel Pink), „Til the end of the night“ (Alison Mossheart, THE KILLS), „I gotta right“ (Lisa Kekaula, BELLRAYS), „Pinpoint eyes“ (Joe Cardamone, ICARUS LINE), „Wild love“ (Mark Lanegan), „Cock in my pocket“ (Nicke Andersson, HELLACOPTERS), nochmal „Cock in my pocket“ (Gary Floyd, THE DICKS) und „Rubber leg“ (J.G.

Thirlwell, FOETUS), und ausnahmslos alle machten einen exzellenten Job. Kein Overacting, kein verzweifelter Versuch, Iggy nachzuahmen, sondern jeweils die Neuinterpretation von ungestümen Songs aus einer anderen Zeit, von einer Band, die wohl jeden der beteiligten Musiker beeinflusst hat.

Stilistisch sind die Stücke auf „Re-Licked“ allerdings nah dran am damaligen Sound – vielleicht hätten die STOOGES so geklungen, wenn Williamson das Sagen gehabt hätte: sehr groovig, soulig und boogielastig, mit viel Rock’n’Roll-Piano.

Nicht sanft, aber eingängig. Scharf, nicht brutal. Meisterlich!