ROHRKREPIERER

Isabel Kreitz, Konrad Lorenz

Isabel Kreitz scheint sich ja inzwischen auf die Adaption von Romanen spezialisiert zu haben. „Haarmann“, „Die Entdeckung der Currywurst“ und „Mabuse“ sind wohl die bekanntesten, aber auch einige Kinderbücher von Erich Kästner (z.B.

„Emil und die Detektive“ und „Pünktchen und Anton“) hat sie schon in Bilder übersetzt. „Rohrkrepierer“ greift Elemente aus diesen beiden Welten auf, eine feinsinnige Coming-of-Age-Geschichte eines Jungen auf dem Kiez in St.

Pauli, die unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges beginnt und in den 1960er-Jahren endet. In St. Pauli genießt die Romanvorlage schon Kultstatus, das Buch einem noch größeren Publikum bekannt zu machen, dürfte für die Autorin als bekennende Hamburgerin eine Herzensangelegenheit gewesen sein.

Weil Konrad Lorenz’ Romanvorlage durchweg autobiografisch ist, hat Kreitz bei der Umsetzung sehr eng mit ihm zusammengearbeitet, ließ sich alte Fotos aus seinen Familienalben geben und Anekdoten aus Kindheit und Jugend erzählen.

Zwar hat sie nur einige wenige Szenen in ihrer Graphic Novel weggelassen, Kritiker bemängeln dennoch, dass die kindliche Perspektive nicht so intensiv rüberkommt, wie in der Vorlage. Ich habe das Original nicht gelesen, habe also keinen Vergleich.

Auf mich wirkt „Rohrkrepierer“ jedenfalls sehr stimmig und ein gewisses Maß an kindlicher Naivität schwingt durchaus mit. Die mit Tusche und schwarzem Buntstift angefertigten detailreichen Zeichnungen vermitteln die passende nostalgische Stimmung, lassen die Personen aufleben und geben der sehr einfühlsamen Handlung die entsprechende Tiefe.

Fazit: Eine lesenswerte Geschichte über das Leben in einer längst untergegangenen Welt aus Kriegsversehrten, Seefahrern, Säufern und Nutten.