IM KELLER

Bereits seit den Achtzigern hat es sich der Dokumentarfilmer Ulrich Seidl zur Aufgabe gemacht, unsere Vorstellung davon, was in der Gesellschaft normal ist und was nicht, zu erschüttern. In dieser Hinsicht ist Seidl allerdings nicht unumstritten, denn trotz poetischer und zurückhaltender Einstellungen, scheut der Österreicher auch nicht vor drastischen, oft kaum zu ertragenden Bildern zurück.

Dabei überschreitet Seidl gerne die Grenze zwischen neutraler Beobachtung und konkreter Inszenierung, um bestimmte Reaktionen beim Zuschauer hervorzurufen. Diese Radikalität brachte seiner Dokumentation „Tierische Liebe“ von 1995 auch den Vorwurf ein, „sozialpornographisch“ zu sein.

Aber Seidl porträtierte seitdem weiterhin beharrlich „die Einsamen und Hässlichen, die Außenseiter und Deformierten der Gesellschaft“. Zuletzt in seiner sehenswerten, wenn auch wieder schwer zu ertragenden Paradies-Trilogie, in der er anhand des Schicksals von drei Frauen einer Familie Sextourimus und religiösen Fanatismus thematisierte, wobei es in allen drei Filmen generell um unerfüllte Liebe ging.

Allerdings handelte es sich dabei wie schon im Fall von „Hundstage“ (2000) und „Import Export“ (2007) um rein fiktionale Filme, auch wenn Seidls typische Handschrift dabei immer klar zu erkennen ist.

Mit „Im Keller“ kehrte er jetzt zu seinen eher klassischen Dokumentationen zurück und löste damit im Vorfeld gleich einen kleinen Skandal aus, weil eine Szene mit fünf singenden Männer zwischen Nazi-Devotionalien in einem Keller die Staatsanwaltschaft auf den Plan rief.

Nicht die einzige Szene von Seidls gewohnt komisch-bizarrem Film über die geheimen Obsessionen, denen manche Menschen in irgendwelchen Kellerräumen nachgehen, die das Publikum wieder in Staunen und Schrecken versetzen dürfte.