IM AUGENBLICK DER ANGST

Zwei Fehlannahmen im Zusammenhang mit „Im Augenblick der Angst“ („Angustia“ aka „Anguish“) sind, dass man es hier zum einen mit einem normalen Horrorfilm zu tun hätte, zum anderen, dass es sich um einen rein amerikanischen Film handeln würde.

Der Film spielt zwar in Amerika, wurde allerdings zu großen Teilen in Barcelona gedreht, wie Regisseur Bigas Luna, ein ehemaliger Industriedesigner, im auf dieser DVD enthaltenen, recht aufschlussreichen Interview erzählt.

Und auch wenn es hier augenscheinlich um einen von seiner Mutter (Zelda Rubinstein aus „Poltergeist“) manipulierten, langsam erblindenden Killer geht, der es auf die Augen seiner Opfer abgesehen hat, ist Luna mehr daran interessiert, mit den Konventionen des Genres zu spielen.

Denn ab einem bestimmten Punkt wird „Im Augenblick der Angst“ zu einem Film-im-Film-Experiment, das der Spanier beim Nachspann noch auf ein dritte Ebene hievt. Ein äußerst seltsamer und ungewöhnlicher Film aus der Frühzeit von Luna, der später vor allem für seine erotisch gefärbten Dramen (denen von Pedro Almodóvar nicht unähnlich) bekannt war, wie „Jamon Jamon“, „Huevos de oro“ oder „La teta y la luna“, durch die er Javier Bardem und Penélope Cruz erst einem größeren Publikum bekannt machte.

In Deutschland ist der Film seit 1988 auf Video erhältlich gewesen, sogar ungeschnitten, aber noch im falschen Bildformat, wurde jetzt allerdings auf „ab 16“ von der FSK heruntergestuft. Was „Im Augenblick der Angst“ über typische Horrorfilm-Elemente hinaus immer noch so reizvoll macht, ist, wie geschickt er die Erwartungshaltung des Zuschauers zu manipulieren versteht.

Und nach dem diesjährigen Massaker während einer Kinovorstellung in den Staaten hat Lunas Film nach 25 Jahren plötzlich auch noch eine erschreckende tagesaktuelle Bedeutung bekommen.