ICH HATTE SIE ALLE!

Michael Fuchs-Gamböck

Ein toller Hecht, der Fuchs-Gamböck! Einer, der Mitte der Achtziger Musikjournalist wurde, als das noch ein Beruf war, wenn auch kein ehrenwerter. Musikjournalisten konnten damals und bis vor ein paar Jahren noch richtig gut von ihrer Schreibe leben, denn wie das Musikbusiness damals arbeitete, ahnt der Normalbürger spätestens seit John Nivens „Kill Your Friends“.

Es waren die goldenen Jahre der Spesenritter: Für ein Interview mit einer Band mal eben nach London, Lissabon, New York oder Los Angeles nebst Unterbringung im Luxushotel und zwei Tage später wieder zurück? Alles kein Problem, Geld spielt keine Rolle, und außerdem ist das ja das Geld der Band, das da verblasen wird.

Es brauchte verkommene Typen auf Seiten der Majorlabels, die dieses großkotzige Spiel mitmachten, und es brauchte willfährige Journalisten, die dazugehören wollten zum Rock’n’Roll-Zirkus und für ihr Ego diese Ausflüge brauchten.

Auch ich hatte als Schreiber für das Visions in den Neunzigern ein paar Mal das Vergnügen, solche Exkursionen mitzumachen, traf dabei so einige Kollegen und weiß seitdem was Fremdscham bedeutet und wie man sich bei solchen Veranstaltungen benutzen lässt.

Neben Reise-, Sport- und Motorjournalismus ist Musikjournalismus eben das verkommenste Metier. Michael Fuchs-Gamböck, der von 1989 bis 1994 für das Lifestyle-Blatt Wiener als Musikredakteur arbeitete (ich frage mich gerade, wie er seinerzeit Amerikanern den Namen seines Blattes erklärte ...) und seitdem als „Freier“ verschiedene Blätter schreibt (Musikexpress, Playboy, Focus, ...) war und ist einer jener paar deutschen Journalisten, die von den Plattenfirmen eingeladen werden/wurden, wenn aus jedem Land eine Handvoll Schreiber die Gelegenheit bekommen, mit internationalen Künstlern zu reden, und so hatte er sie alle, etwa Björk, Cher, Janet Jackson, Johnny Rotten, Iggy Pop, Nigel Kennedy, Peter Gabriel, Prince, Madonna, Ron Wood und so weiter.

Über bald 25 Jahre haben sich da einige „hochkarätige“ Interviews angesammelt, die Fuchs-Gamböck nun mittels dieses Buches auf zweifelhafte Weise zweitverwertet. Denn das Buch besteht nur zum Teil, etwas mehr als der Hälfte, aus Abschriften der Interviews, denn den Rest nehmen die Erlebnisse des Verfassers ein: Er brüstet sich seiner kosmopolitischen Erfahrungen, seines Alkoholkonsums (Underberg ...

Immerhin nicht Jägermeister.), gefällt sich darin, die eigene Coolness zu zelebrieren – und löst damit bei mir eigentlich nur Fremdscham aus. Ja, manche Stories sind unterhaltsam, etwa die Sauferei mit Ron Wood oder Nigel Kennedy, doch der Autor ist hier eben nicht Hunter S.

Thompson, sondern Michael Fuchs-Gamböck. Und der findet vor allem sich selbst toll. Alles in allem ein eigentlich unterhaltsames Buch mit vielen interessanten Gesprächspartnern, doch steht es einem Journalisten immer gut zu Gesicht, sich selbst nicht in der Vordergrund zu drängeln.

Das aber tut der Meister permanent und kommt sich dabei auch noch gut vor.