Gruseln. Das klingt nach Geisterbahn im Kindesalter, nach Hörspielen unter der Bettdecke. Beim Film „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ habe ich mich mit 16 extrem gegruselt, Gänsehaut pur. Und bei John Carpenters „The Fog“. Und dann bei den als Geheimtipp herumgereichten Büchern von H.P. Lovecraft, die bis heute auf mich eine große Faszination ausstrahlen und in ihrer popkulturellen Bedeutung nicht unterschätzt werden können, bei aller Kritik, die man wegen xenophober Tendenzen an diesem 1937 mit 46 Jahren verstorbenen US-Autor üben kann. Den Kurzroman „The Shadow over Innsmouth“ verfasste Lovecraft 1931, veröffentlicht wurde er erst 1936, und er wurde seitdem in verschiedensten Formen aufbereitet – filmisch, in Games, und auch als Comic. Der japanische Zeichner Gou Tanabe, Jahrgang 1975, hat in den letzten Jahren bereits mehrere Lovecraft-Stories zeichnerisch umgesetzt und dabei einen charakteristischen Stil entwickelt: bis auf wenige großformatige farbige Tafeln zeichnet er sehr fein schraffierte Bilder mit enormem Detailreichtum. Er schafft es auch in seinem neuesten Lovecraft-Band die Suggestivkraft von Lovecrafts Texten in düstere Bilder zu übersetzen, so dass man fast den Eindruck bekommt, dass wenn Lovecraft zu Lebzeiten eine graphische Umsetzung seiner Geschichten hätte vorstellen können, er das mit Tanabe angegangen wäre. Die Story: Der Student Robert Olmstead entdeckt auf einer Reise in die Hafenstadt Innsmouth in New England, dass sich deren Bewohner auf seltsame Weise verändert haben. Und dass das auch was mit ihm und seiner Familie zu tun hat ... Gänsehaut erregend gruselig erzählt. Unbedingt empfehlenswert, wie die anderen Lovecraft-Adaptionen Tanabes.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #164 Oktober/November 2022 und Joachim Hiller