Zum Labelprogramm von Unique Leader Records zähl(t)en solch illustre, Underground-relevante Extrem-Kombos wie VISCERA, TO THE GRAVE, BONECARVER, A WAKE IN PROVIDENCE, EXOCRINE, JUNGLE ROT, CROWN MAGNETAR, EXTINCTION A.D. und THE ZENITH PASSAGE. Die letzten Veröffentlichungen der Hagener Band sind dort ebenfalls erschienen. Das gleicht einem Ritterschlag, denn damit stehen STILLBIRTH für die deutsche Szene allein auf weiter Flur. Es zeigt, dass die sechsköpfige Gruppe international konkurrenzfähig agiert und einen radikalen Metal kultiviert, der auffällt und besonders ist. Die Karriere der NRW-Kombo umspannt inzwischen mehr als zwei Dekaden, ohne dass nachlassende Kreativität, Motivation oder sonstige Ermüdungserscheinungen bemerkbar wären. Der neue Longplayer „Homo Deus“ geht neuerlich richtig gut an. STILLBIRTH überzeugen mit einem ausbalancierten, variabel inszenierten Ansatz. Weder gibt es allein Riff-Salat noch Komplexität und Aggressivität zum Selbstzweck. Das Gegenteil ist der Fall. Alle Songs durchlaufen erkennbare Spannungsbögen und basieren auf klaren Absichten. Das Sextett setzt ein Konzept um, das im weiteren Sinne die menschliche Gier, Rücksichtslosigkeit und Unfähigkeit zum Lernen sowie zu Demut angesichts eines apokalyptischen Endzeitszenarios thematisiert. Die zugrundeliegenden Überlegungen helfen dabei, abwechslungsreiche Tracks aufzusetzen, die satte Gegensätze aufweisen, wiedererkennbare Momente berücksichtigen und über die Spielzeit hinweg unterhalten. Ebenfalls wichtig: bei STILLBIRTH schwingt immer auch eine lockere Attitüde mit, die auf die Nachvollziehbarkeit einzahlt, die musikalische Kompromisslosigkeit jedoch nicht infrage stellt. Wie sollte das auch gehen, wo „Homo Deus“ doch als barscher Mix aus Slam-Death und Deathcore ausgestaltet wird? Die Band aus Hagen präsentiert sich in jeder Hinsicht brutal und bissig, jedoch nicht vollends desillusioniert.
© by Fuze - Ausgabe #99 April/Mai 2023 und Arne Kupetz