Die Aufarbeitung der Geschichte des Punk in der DDR begann erst recht spät, als 2005 mit einigen Ausstellungen, einem Buch und einer Kinodokumentation unter dem Titel „Too Much Future“ ein erster Lichtstrahl auf dieses Kapitel fiel. Seither sind immer wieder Publikationen zu dem Thema erschienen. 2020 kam die 3LP-Box „Too Much Future – Punkrock GDR“, die vom Autor selbst herausgegeben wurde. Dazu gab es ein fast schon als Buch zu bezeichnendes Beiheft, das die Geschichte und die Geschichten um die einzelnen Bands erzählt. Dabei handelt es sich ausschließlich um Punkbands, die in der Illegalität aktiv waren und sich der Pflicht zur staatlichen Einstufung konsequent verweigerten und so die Repression des Staates bis hin zum Knast in Kauf nahmen. „Tanz den Kommunismus“ ist faktisch die überarbeitete Version des Booklets in einem handlicheren Format. Gericke porträtiert bekannte Bands wie SCHLEIM-KEIM, PLANLOS, NAMENLOS, MÜLLSTATION, KÜCHENSPIONE, WUTANFALL oder L’ATTENTAT, aber auch die nicht so bekannten Formationen wie SKUNKS, THE SCHNITZLERS oder ZERFALL. Durch seine stellenweise schon fast poetisch anmutenden Worte ist das Ganze mehr als ein reines Geschichtswerk, das alleine Fakten zusammenfasst, „Tanz den Kommunismus“ ist auch ein Abgesang auf den „ersten sozialistischen Staat auf deutschem Boden“, der auf den Freiheitsdrang der Punks mit Repression massivster Art reagierte und auch nur reagieren konnte, weil ihm seine eigenen aufmüpfigen „Kinder“ den Spiegel vor die miefige, spießige Fratze hielten. Den Soundtrack liefert der beigefügte QR-Code, mit dem sich 44 Songs der vorgestellten Bands anhören lassen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #174 Juni/Juli 2024 und Triebi Instabil