Absolute Aussagen, wie die im dieser CD beiliegenden Info, sind mit so einer großen zeitlichen Distanz immer schwer zu verifizieren: HEIMATLOS (oder auch HEIMAT-LOS) waren laut Luc von Ratbone Records aus Bordeaux einst die erste und seiner Meinung nach auch beste französische Hardcore-Band.
Nun fällt mir selbst bei angestrengtem Nachdenken außer KROMOZOM 4 (beide Bands sah ich einst in Ludwigshafen zusammen mit UPRIGHT CITIZENS, EA 80 und RAZZIA) keine weitere französische HC-Band jener Zeit ein, von daher lasse ich Lucs Aussage einfach mal so stehen.
Die im Oktober 1983 in einem Pariser Vorort gegründete Band war damals beeinflusst von DEAD KENNEDYS, BAD BRAINS, DISCHARGE und MINOR THREAT, aber auch SLIME, RAZZIA und NEUROTIC ARSEHOLES, später dann kamen SIEGE, F.O.D., MDC, OFFENDERS, INFERNO, NEGAZIONE und so weiter dazu, und das war dann auch der Zirkel, in dem man sich bewegte, die Bands, mit denen man in Frankreich, aber auch in Belgien und Deutschland zusammen Konzerte spielte.
In bester HC-Tradition waren die Songs von HEIMAT-LOS maximal ein bis zwei Minuten dauernde Attacken, schnarrend und scharf, aber musikalisch abwechslungsreich (siehe die oben aufgeführten Bands) und nicht das übliche Uffta-Uffta so vieler Zeitgenossen - sogar mit lagerfeuertauglichen Songs ("Last train to Tucson") konnten die Franzosen dienen.
Dazu kamen mal französische, mal englische Texte mit einer klaren politischen Ausrichtung: gegen Umweltzerstörung, Staatsgewalt, Unterdrückung, für ein selbstbestimmtes Leben. Diese Doppel-CD mit 90(!) Songs ist ein beeindruckendes, umfassendes Dokument einer Ausnahmeband, und das Booklet platzt beinahe vor Zusatzinfos, ist voll mit Texten, einer mehrsprachigen History, Fotos, Flyern und so weiter.
Ein lohnenswerte und lobenswerte Veröffentlichung, die klar macht, warum Hardcore mehr als nur Musik ist (war?). Mehr Infos unter heimatlos.com. (8)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #68 Oktober/November 2006 und Joachim Hiller