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HAWKWIND LIGHT ORCHESTRA

Carnivorous

Natürlich wäre es naiv zu erwarten, dass eine Band, die seit 1970 in unterschiedlichen Konstellationen zahlreiche Platten veröffentlicht hat, so ohne Weiteres mehr als nur akzeptable Alterswerke produziert, aber das letztjährige Album „All Aboard The Skylark“ der britischen Spacerock-Pioniere HAWKWIND fiel schon etwas schwach aus. Aus HAWKWIND wurde Lockdown-bedingt das HAWKWIND LIGHT ORCHESTRA, aber natürlich ist auch hier Gründungsmitglied und Frontmann Dave Brock federführend. Der Titel ist auf jeden Fall schon mal amüsant zweideutig, denn zum einen schwört Brock eigentlich auf tierlose Ernährung, zum anderen soll „Carnivorous“ ein Anagramm von „Corona-Virus“ darstellen, also steht auch diese Platte ganz im Zeichen der uns alle im Würgegriff haltenden Pandemie. Ganz so konzeptgebunden scheint „Carnivorous“ aber dennoch nicht zu sein, wirkt zumindest nicht so verkrampft wie die vorherigen Brock-Alben. Tatsächlich hat sich Brock diesmal stilistisch sogar extrem locker gemacht und ein Album aufgenommen, das zwar deutlich auf die bisherige HAWKWIND-Geschichte verweist, aber nicht nur reines Selbstzitat ist. Vielleicht ist „Carnivorous“ sogar das klischeefreiste und unterhaltsamste, was Brock seit dem Glampunk-Spacerock des HAWKLORDS-Albums „25 Years On“ von 1978 aufgenommen hat, denn manchmal ist eine Spur Selbstironie wirklich nicht das Schlechteste. Eingängiger Pubrock im HAWKWIND-Style gibt sich hier die Klinke in die Hand mit psychedelischem Overkill ohne jegliche irdische Bodenhaftung, bei dem die Synthies kurz vorm Kurzschluss stehen. Insofern, lieber Dave Brock, bitte nie wieder wie letztens eine Akustikplatte aufnehmen, HAWKWIND funktioniert einfach am besten als soundtechnisch völlig überladenes Riesensandwich mit möglichst vielen Schichten.