Nachdem die 1998 aufgelösten und 2005 reformierten HARVEY MILK just via Troubleman Unlimited ein neues Album veröffentlicht haben, kommt von Relapse jetzt die Wiederveröffentlichung ihres zweiten Albums " Courtesy And Good Will Toward Men" von 1997.
Benannt nach dem Politiker Harvey Milk - der als der erste sich offen als homosexuell bekennende Politiker San Franciscos gilt und der deshalb mitsamt dem damaligen Bürgermeister von seinem Kollegen Dan White ermordet wurde, wofür dieser nur sieben Jahre Haft bekam, was die sogenannten White Night Riots auslöste - existierte die Band aus Athens, Georgia von 1993 bis 1998 und brachte in der Zeit neben einigen Singles drei Alben raus, von denen "Courtesy And Good Will Toward Men" als ihr Meisterstück gilt.
Und das zu Recht, denn das Wechselspiel von Brachialität und Fragilität, die Kombination lauter, brutaler Gitarrenwände und ruhiger, von Akustikgitarren geprägter Momente ist hier nahezu perfekt und die Bedeutung des Wortes Dynamik in dem gerne genutzten Begriff Laut/Leise-Dynamik noch etwas wert.
"Courtesy ..." ist ein vertonter Alptraum, eine nicht enden wollende Folge hörbar gemachter seelischer Abgründe, die durch kurze hübsche Unterbrechungen nur noch furchtbarer zu werden scheinen.
Auch der Gesang von Sänger, Gitarrist und Bandkopf Creston Spiers folgt diesem Prinzip, ob der Mann herzzereißend zu einer simplen, aber wunderschönen Gitarrenmelodie croont oder gegen die selbst erschafften Soundwände anbrüllt, sein Leid kommt absolut authentisch und zu keiner Sekunde aufgesetzt rüber.
Sei es beim Singer/Songwriter-Stück "One of us cannot be wrong" (das gar nicht mal so weit weg vom späten Johnny Cash ist) oder dem zehnminütigen Noiserock-Drone-Monster "Pinnochio's example", HARVEY MILK waren immer unglaublich heavy und intensiv.
Zusätzlich zum Originalalbum gibt es auf diesem Rerelease eine zweite CD mit vier Songs, die zwar nur knapp zwanzig Minuten lang ist, aber angeblich ein komplettes Liveset der Band umfasst.
Auf Linernotes wurde verzichtet. (10)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #92 Oktober/November 2010 und André Bohnensack
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